Der Prozess hat sich für die Frau gelohnt – gewonnen! - hieß es am Ende. © Adobe Stock: www.freund-foto.de
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Um Urlaubsabgeltungsansprüche und die Herausgabe eines Tankgutscheins stritt die Klägerin aus Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem Arbeitgeber. Ihr Arbeitsverhältnis hatte erst ein Jahr lang bestanden, als sie es kündigte. Jörg Szepoks vom DGB Rechtsschutzbüro Schwerin vertrat die Frau im Prozess vor dem Arbeitsgericht.

 

Der Arbeitsvertrag regelte die Höhe der Urlaubsansprüche

 

Arbeitsvertraglich war ein Mindesturlaub von 20 Tagen vereinbart, zusätzlich jedoch weitere neun Urlaubstage, hinsichtlich derer es eine ergänzende Regelung gab. Diese sollten mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlöschen, sofern sie nicht genommen waren. Im Übrigen war vereinbart, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbleibende Urlaubsansprüche innerhalb der Kündigungsfrist abgebaut werden müssen, soweit dies möglich ist.

 

Noch vor Ablauf der Kündigungsfrist gab die Klägerin ihr Diensthandy und einen Dienstlaptop ab. Die letzten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses war sie krank. In der letzten Lohnabrechnung wies die Beklagte einen Tankgutschein in Höhe von 40,00 € aus. Diesen hatte sie der Klägerin jedoch nicht ausgehändigt. Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Klägerin hätte diesen selbst abholen müssen. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte die Klägerin ihren Urlaub im Übrigen auch noch nicht vollständig genommen. Acht Tage waren offen geblieben.

 

Über den gewerkschaftlichen Rechtsschutz machte sie die Abgeltung dieses offenen Urlaubsanspruchs sowie die Aushändigung des Tankgutscheins geltend und erhob Klage, nachdem der Arbeitgeber ablehnte.

 

Ein Einsehen hatte der Arbeitgeber nicht

 

Der Arbeitgeber hielt dem entgegen, den Tankgutschein stelle er freiwillig zur Verfügung und im Fall der Arbeitsunfähigkeit bestehe darauf kein Anspruch. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erkannte der Arbeitgeber nicht an, denn die Kläger sei an dem Tag, an welchem sie sich arbeitsunfähig gemeldet habe, ihm nicht krank erschienen.

 

Die Regelung zur Kürzung des Jahresurlaubes - wie sie vertraglich vereinbart war – hielt das Arbeitsgericht grundsätzlich für zulässig. Es handele sich dabei um allgemeine Geschäftsbedingungen, die rechtlich überprüft werden können.

 

Das Arbeitsgericht überprüfte den Vertrag nach AGB-Recht

 

Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Sinn des Transparenzgebots nach § 307 BGB ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass Arbeitnehmer:innen von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden.

 

Die Klägerin bleibt mit der Regelung nicht im Unklaren darüber, welcher Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist und im Umkehrschluss, welcher Urlaubsanspruch ersatzlos verfällt, entschied das Arbeitsgericht Schwerin. Sie habe einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub und darüber hinaus einen vertraglich vereinbarten, weiteren Urlaubsanspruch von neun Tagen. Der vertragliche Zusatzurlaub solle erlöschen, wenn er nicht genommen werde, bevor das Arbeitsverhältnis beendet ist. Die Formulierung des Vertrages hält das Gericht für eindeutig.

 

Die Bestimmung des Arbeitsvertrages weiche auch nicht von den gesetzlichen Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes ab. Die Vertragsfreiheit schließe das Recht ein, das teilweise oder vollständige Erlöschen des arbeitsvertraglichen Zusatzurlaubes für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzusehen.

 

Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht erschüttert

 

Die Klägerin sei entgegen der Ansicht der Beklagten arbeitsunfähig krank gewesen. Den Beweiswert der ärztlich erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe die Beklagte nicht erschüttert. Die bloße Behauptung, die Klägerin sei dem Beklagten nicht krank erschienen, reiche nicht aus.

 

Zwar habe das Bundesarbeitsgericht in höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden, dass eine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt, wenn diese passgenau die nach der Kündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdecke. Vorliegend sei eine solche Passgenauigkeit jedoch nicht gegeben. Nach Erstellung der Erstbescheinigung hatte sich die Klägerin nämlich ein weiteres Mal zu ihrer Ärztin begeben um die ursprünglich festgestellte Dauer Arbeitsunfähigkeit verlängern zu lassen. Eine genau auf die Kündigungsfrist abgestimmte Krankmeldung nahm das Gericht deshalb nicht an.

 

Nach dem Bundesurlaubsgesetz werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage einer Arbeitsunfähigkeit während eines Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Treffen Arbeitsunfähigkeit und Urlaub zusammen, kann nur einer der beiden Tatbestände zur Suspendierung der Arbeitspflicht führen. Der Gesetzgeber hat insoweit der Arbeitsunfähigkeit den Vorrang gegeben, so dass diese - aber nicht der Urlaub -zur Suspendierung der Arbeitspflicht führt und der Urlaubsanspruch nicht verbraucht ist, erläutert das Gericht die Rechtslage.

 

Auch den Tankgutschein bekommt die Klägerin

 

Den Tankgutschein für den Monat April 2022 hatte der Beklagte in der Abrechnung für diesen Monat bereits aufgeführt. Damit sei der entsprechende Anspruch anerkannt worden, so dass es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte diese freiwillige Leistung später widerrufen habe, so das Arbeitsgericht.

 

Der Beklagte hatte sich im Prozess auch darauf berufen, dass nach steuerrechtlichen Vorschriften die Übergabe eines Tankgutscheins im selben Monat zu erfolgen hat. Das führe aber nicht zum Wegfall des Anspruchs der Klägerin, entschieden die Richter:innen. Gegebenenfalls folge hieraus nur die Verpflichtung der Beklagten entsprechend Steuern abzuführen.

 

Rechtliche Grundlagen

§ 307 Abs. 1 BGB

§ 307 Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) …