„Vollzeitbeschäftigte werden bei Fortzahlung der Vollzeitvergütung ab sofort bis auf Weiteres nur noch zu 50% beschäftigt. Die hierdurch entstehenden Minusstunden sind zu einem späteren Zeitpunkt nachzuarbeiten. Bei der Einarbeitung der Minusstunden wird ein großzügiger Zeitraum zu Grunde gelegt“.
So die Anweisung eines Bürgermeisters im Schwabenländle.
„In der Zeit von Montag, 06.04. bis Freitag, 17.04.2020 wird für die Abteilungen XYZ Betriebsurlaub angeordnet. Vier Tage werden wir bezahlen. Für die anderen Tage sind Überstunden abzubauen oder Urlaubstage einzureichen“.
Diese Anweisung kraft vermeintlichen Direktionsrechts lässt sich einer Geschäftsführer-Mitteilung an die Arbeitnehmer*innen eines mittelständischen Betriebs entnehmen.
Es verwundert schon sehr, in welcher Weise öffentliche und auch private Arbeitgeber meinen, in Zeiten der Corona-Pandemie das arbeitgeberseitige Betriebsrisiko auf die Beschäftigten übertragen zu können.
Anweisungen, wie vorstehend beschrieben, sind offenkundig rechtswidrig. Wenn die Arbeitszeit verkürzt werden soll, bedarf es einer einvernehmlichen Regelung der Arbeitsvertragsparteien. Zwangsurlaube, die man als Betriebsurlaub bezeichnet, sind unzulässig.
BDA warnt Mitgliedsfirmen Zwangsurlaub anzuordnen
Hiervon gehen selbst Arbeitgeber aus, wie dies dem Info 28/2020 vom 16.03.2020 des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV) Baden-Württemberg entnommen werden kann, der auf die 3. (veränderte) Fassung des Leitfadens „Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie“ der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verweist. Zum Thema Corona-Pandemie und Betriebsurlaub informiert der BAD seine Mitgliedsfirmen wie folgt:
„Eine Anordnung von Zwangsurlaub aufgrund kurzfristiger Stornierungen in erheblichem Umfang dürfte vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung nicht möglich sein.Das Risiko, den Arbeitnehmer nicht beschäftigen zu können, trägt der Arbeitgeber. Dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers unterfallen insbesondere Auftragsmangel bzw. Betriebsablaufstörungen - sei es durch selbst herbeigeführte oder von außen einwirkende Umstände. Liegt ein Fall des Betriebsrisikos vor, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht einseitig festlegen“.
Wenn nun selbst Arbeitgeberverbände ihre Mitglieder darauf hinweisen, dass Anweisungen, wie eingangs beschrieben, nicht rechtmäßig sind, dann darf es nicht verwundern, wenn arbeitsbereite Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitszeit ohne deren Zustimmung verkürzt wurde, sich dann, wenn die Einarbeitung der Minusstunden gefordert werden, hierzu nicht bereit sind. Arbeitnehmer*innen, die in Zwangsurlaub geschickt wurden, können sich darauf berufen, dass in Abzug gebrachte Urlaubstage wieder gut zu schreiben sind. Gewerkschaftsmitglieder, die ohne ihr Einverständnis in den Urlaub geschickt werden oder deren Arbeitszeit verkürzt wird, können sich bei ihrer Gewerkschaft im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise beraten lassen. Ist keine außergerichtliche Einigung erreichbar, ist nach Rechtsschutzgewährung durch die Gewerkschaft eine Vertretung durch die bundesweit tätigen Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH möglich.
Auszug aus BDA Leitfaden zum Thema Betriebsrisiko
Für Interessierte:
Hier geht es zu unserem „Schwerpunktthema „Corona-Pandemie“
Das Coronavirus hat weitreichende Folgen für alle Beschäftigten. Wir erklären, was es zu beachten gilt und halten euch auf dem Laufenden. Hier haben wir zusammengefasst, was in der Zeit der Pandemie zu beachten ist und welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber haben. Wir werden diesen Bereich regelmäßig/täglich ergänzen und auf dem aktuellen Stand halten: