Eigentlich sind die gesetzlichen Vorgaben klar: Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz können Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass ihre Arbeitszeit reduziert wird. Der Arbeitgeber kann sich nur dagegen wehren, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.
Leider sind viele Arbeitgeber äußerst erfinderisch, wenn es darum geht, betriebliche Gründe zu (er)finden, um einen Wunsch nach Teilzeit abzulehnen. Das zeigt auch folgendes Verfahren, dass das Arbeitsgericht Neuruppin zu entscheiden hatte.
Teilzeitarbeit passt nicht in das Schichtmodell
Der Beschäftigte Frank F. ist in einem Betrieb als Prozesselektroniker beschäftigt. In diesem Betrieb wird in einem 5-Schicht-System gearbeitet. Neben Frank F. sind also noch vier Prozesselektroniker beschäftigt. Außerdem sind noch zwei Springer vorhanden.
Frank F. möchte seine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche auf 36 Stunden reduzieren und stellt einen entsprechenden Antrag. In diesem Antrag schlägt er auch eine konkrete Verteilung seiner Arbeitszeit vor. Der Arbeitgeber lehnt den Antrag jedoch ab, da dadurch das betriebliche Organisationskonzept gestört werde.
Dieses beruhe darauf, dass alle Mitarbeiter 40 Wochenstunden in einem 5-Schicht-System arbeiten. Wenn Frank F. nur 36 Stunden arbeiten würde, fielen pro Schicht vier Stunden aus, die durch die anderen Mitarbeiter nicht aufgefangen werden könnten. Mit anderen Worten: der Wunsch des Frank F. nach Teilzeitarbeit würde das gesamte Arbeitszeitkonzept durcheinanderbringen.
Mithilfe der DGB Rechtsschutz GmbH Erfolg vor dem Arbeitsgericht Neuruppin
Frank F. wollte sich das nicht gefallen lassen und zog mit Unterstützung der DGB Rechtsschutz GmbH Neuruppin vor Gericht. Und zwar erfolgreich. Denn das Arbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitgeber den Wunsch des Beschäftigten auf Teilzeitarbeit nicht ohne weiteres ablehnen könnte.
Der allgemeine Hinweis darauf, dass das Organisationskonzept des Betriebs eine Teilzeitarbeit nicht zulasse, reiche jedenfalls nicht aus.
Das Arbeitsgericht macht in diese Entscheidung klar, dass der Arbeitgeber nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz einen Wunsch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit nur dann ablehnen kann, wenn betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen. Dazu genügen rational nachvollziehbare Gründe. Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich. Die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein.
Wann liegen betriebliche Gründe vor?
Um festzustellen, ob solche vorliegen, muss das Gericht daher folgendes prüfen:
- Gibt es überhaupt ein Arbeitszeitkonzept des Arbeitgebers?
- Wenn ja: lässt sich der Wunsch des Arbeitnehmers auf Teilzeitarbeit damit vereinbaren? Dabei muss auch geprüft werden, ob dem Arbeitgeber Änderungen der betrieblichen Abläufe möglich und zumutbar sind (beispielsweise durch den Einsatz von Springern).
- Wenn das nicht der Fall ist: Wird die „unternehmerische Aufgabenstellung“ des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn der Arbeitnehmer, wie von ihm gewünscht, in Teilzeit arbeitet?
In diesem Fall scheiterte der Arbeitgeber des Frank F. schon auf der zweiten Stufe. Er konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass es für ihn unzumutbar gewesen wäre, die Ausfallzeiten des Frank F. auf andere Weise auszugleichen. Immerhin beschäftigte er neben Frank F. vier weitere Prozesselektroniker und dazu noch zwei spezialisierte Springer, die er anstelle von Frank F. einsetzen konnte. Damit lagen keine betrieblichen Gründe für den Arbeitgeber vor, den Wunsch des Frank F. auf Arbeitszeitreduzierung abzulehnen.
Arbeitnehmer muss keinen Grund für eine Arbeitszeitverkürzung nachweisen
Dass Frank F jung und familiär ungebunden ist und so jedenfalls nach Meinung seines Arbeitgebers keinen Grund hatte, seine Arbeitszeit zu verringern, spielt übrigens keine Rolle. Das Arbeitsgericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gesetzgeber die Schaffung von Teilzeitarbeitsverhältnissen fördern wollte. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer berechtigte Gründe für seinen Wunsch auf Teilzeitarbeit hat oder nicht.
Ergebnis: Frank F. bekam Recht; das Arbeitsgericht verurteilte seinen Arbeitgeber, dem Antrag auf Arbeitszeitreduzierung zuzustimmen.
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Eine Konstellation, die häufig vorkommt: der Arbeitnehmer wünscht sich Teilzeitarbeit, der Arbeitgeber lehnt das ab, weil seiner Meinung nach der betriebliche Aufwand zu hoch ist, um einen Teilzeitarbeitsplatz einzurichten. Dabei finden es viele Arbeitgeber schon unzumutbar, dass der Schichtplan geändert werden muss, wenn ein Beschäftigter nicht mehr im Vollschichtsystem arbeiten will. Es kommt dann auch immer wieder der Einwand, dass keine ausreichende Personalreserve vorhanden sei, um die fehlenden Stunden abzudecken, und dass im Krankheits- oder Urlaubsfall dann endgültig der betriebliche Notstand eintreten würde.
Oft sind das (wie in diesem Verfahren) lediglich Behauptungen, die durch konkrete Zahlen nicht belegt werden können. Es ist deshalb erfreulich, wenn ein Gericht klarstellt, dass es Ziel des Gesetzgebers war, Beschäftigten zu ermöglichen, in Teilzeit zu arbeiten. Daher ist es für den Arbeitgeber durchaus zumutbar, einige organisatorische Veränderungen durchzuführen, um das zu ermöglichen.
Anders sieht es dann aus, wenn der Arbeitszeitwunsch die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit des Betriebs wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Das muss dann aber der Arbeitgeber konkret darlegen und gegebenenfalls auch beweisen.
Ein weiterer Irrglaube nicht nur vieler Arbeitgeber, sondern auch einiger Beschäftigter ist, dass sie ein besonderes Interesse darlegen müssen, um ihren Wunsch auf Teilzeitarbeit durchzusetzen (zum Beispiel Kinderbetreuung ).
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Neuruppin macht deutlich, dass das nicht der Fall ist. Der Wunsch des Beschäftigten, in Teilzeit zu arbeiten, ist nach dem Wortlaut des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ausreichend. Das Arbeitsgericht folgt damit auch einer seit längerer Zeit bestehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Rechtliche Grundlagen
Teilzeitbeschäftigungs-und Befristungsgesetz
(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.
(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.
(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.
(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.
(5) Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach Absatz 3 Satz 1 über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn schriftlich abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit schriftlich abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.
(6) Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.
(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
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