Der Frust staute sich schon eine ganze Weile an, ein Gespräch mit der ver.di-Gewerkschaftssekretärin brachte den Stein ins Rollen: Vier Krankenschwestern einer Privatklinik, die regelmäßig in Nachtschichten arbeiteten, ärgerten sich darüber, dass sie zwar einen Zuschlag für die Nachtarbeit erhielten – bei der Honorierung für Sonntagsarbeit jedoch gingen sie leer aus, obwohl alle tagsüber und am Wochenende arbeitenden Krankenschwestern der Klinik diesen Zuschlag erhielten. „Aus unserer Sicht sprach nichts gegen die gleichzeitige Honorierung für Nacht- und Sonntagsarbeit“, erinnert sich Michael Fink vom DGB Rechtsschutz-Büro Frankfurt am Main, „vielmehr verlangt § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz die Gewährung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs, sobald Nacht- und Sonntagsarbeit zusammenkommen.“

 

Pflege der Patienten auch nachts nötig

 

Vor Gericht berief sich der Jurist auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darf der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen ausnehmen und dadurch schlechterstellen als andere vergleichbare Arbeitnehmer. Dies gilt für die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld genauso wie bei der Gewährung von Nacht- und Sonntagszuschlägen. Der Arbeitgeber jedoch behauptete, dass die Tätigkeiten von Krankenschwestern im Tagdienst nicht mit denen der sogenannten Nachtwachen vergleichbar seien. So fiele das ,Tagesgeschäft‘ wie Neuaufnahmen auf Station oder Besuche der Schwestern an den Krankenbetten in den Nachtstunden nicht an.

Diesem Vortrag folgte das Gericht nicht: Zwar gebe es nachts weniger administrative Tätigkeiten, aber diese seien ohnehin unbeachtlich. Vielmehr zählten die typischen Krankenschwester-Tätigkeiten wie regelmäßige Kontrollgänge durch die Station, die Durchführung von Lagerungen oder die Verabreichung von Medikamenten – auch in den Nachtstunden. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes erkannte das Gericht nicht. Diesen brachte die Gegenseite vor und hätte nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die Nachtschwestern von der Zahlung eines Sonntagszuschlags ausschließen können. Aber die vier Klägerinnen haben die gleiche Ausbildung wie die tagsüber arbeitenden Krankenschwestern absolviert. Hinsichtlich der Pflege und Sorge der ihnen anvertrauten Patienten seien keine Unterschiede zu erkennen, die eine Differenzierung zwischen Krankenschwestern und Nachtschwestern rechtfertigen würden.

Schließlich verurteilte das Gericht den Arbeitgeber zur Nachzahlung des Sonntagszuschlags rückwirkend ab Mai 2010 und zukünftigen Zahlung eines Sonntagszuschlags in Höhe von 50 Prozent ihres jeweiligen Bruttostundensatzes – zusätzlich zum gewährten Nachtzuschlag für die Krankenschwestern. „Das ist nur gerecht, zumal meine Mandantinnen zum Teil seit 15 Jahren in diesem Unternehmen tätig sind und dort ihrer Arbeit sehr engagiert nachkommen“, betont der Jurist. Auch die Mandantinnen freuten sich über den Erfolg.