Nicht nur an Hobelmaschinen, sondern auch beim Sägen, Fräsen und Schleifen fallen Späne im Sinne der Tarifnorm an
Nicht nur an Hobelmaschinen, sondern auch beim Sägen, Fräsen und Schleifen fallen Späne im Sinne der Tarifnorm an


Die Kläger arbeiten in einem ostwestfälischen Unternehmen, das Innentüren herstellt. Ab 2013 machten die Maschinenbediener eine Zulage von 7 % auf ihren Stundenlohn geltend, die der Arbeitgeber trotz Tarifbindung bisher nicht zahlte.
 

Lohntarifvertrag der Holzindustrie Westfalen-Lippe ist anwendbar

Der Anspruch auf die Zulage ergibt sich aus dem „Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelbaus in Westfalen-Lippe“.
 
Danach erhalten Maschinenarbeiter*innen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, wenn sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.
 
Der Arbeitgeber lehnte eine Zahlung der Zulage ab. Sägen, Fräsen und Schleifen seien keine spanabhebenden Verfahren. Das Arbeitsgericht Bielefeld stimmte dem zu, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht.
 

Beim Sägen, Fräsen und Schleifen fallen Späne

Das BAG hatte sich bereits 1995 mit der Materie befasst. Damals hatte es zwischen spanabhebender und zerspanender Holzbearbeitung unterschieden. Daran hält das BAG nun nicht mehr fest.
 
Es stimmt dem Landesarbeitsgericht zu, dass es sich bei Holzbearbeitungsmaschinen, an denen gesägt, gefräst oder geschliffen wird, um spanabhebende Maschinen im Tarifsinne handelt.
 
Dafür spreche zum einen, dass der Tarifvertrag stets den Begriff „spanabhebend“ verwendet, nicht aber „spanend“ oder „zerspanend“. Zudem werde auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jede Holzbearbeitung, bei der als Abfallprodukt Späne entstehen, als spanabhebend verstanden. Das fachspezifische Verständnis unterscheide sich davon nicht.
 
Aus der Tarifnorm sei letztlich kein Zweck erkennbar, der es rechtfertige, nur die Arbeit an Hobelmaschinen zu honorieren.  
 

Auch Maschinenstraßen fallen unter die tarifliche Regelung

Viele der Kläger arbeiten an Maschinen, die zu einer Maschinenstraße verbunden sind. Das Arbeitsgericht Bielefeld vertrat hier die recht abenteuerliche Ansicht, die Arbeit an solchen Maschinenstraßen falle per se nicht unter die Tarifnorm.
 
Auch das sehen die Richter beim BAG anders. Die tarifliche Bestimmung enthalte zwar den Begriff Maschinenstraße nicht. Eine Holzbearbeitungsmaschine verliere aber ihre Eigenschaft nicht allein dadurch, dass sie mit einer anderen Maschine verbunden ist.
 

Tarifvertrag legt Begriff der Holzbearbeitungsmaschinen nicht fest

Die Richter beim Arbeitsgericht Bielefeld hatten die Untätigkeit der tarifvertragsschließenden Parteien kritisiert. In der Tat hätten sich die Instanzen nicht mit Begriff „spanabhebend“ beschäftigen müssen, wenn dieser im Tarifvertrag definiert worden wäre.
 
Dort steht seit ewigen Jahren, dass die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen“ festlegen sollen. Bis dahin gilt weiter, dass Maschinenarbeiter*innen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen die 7%ige Zulage erhalten.
 
Man kann deshalb ein gewisses Verständnis aufbringen, wenn Richter es verdrießlich finden, diese Lücke schließen zu müssen. Allerdings gehört es zum einen zu ihren Aufgaben, Normen - auch solche aus Tarifverträgen - auszulegen. Und vor allem darf eine solcher Verdruss nicht zu Lasten der klagenden Mitarbeiter gehen. Gemessen an der Leichtfertigkeit, mit der diese Klagen in erster Instanz abgewiesen wurden, kann man sich eines solchen Eindrucks allerdings nicht erwehren.
 

Gewerkschaftliches Centrum wehrte Revision ab

Dank der Unterstützung des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes konnten die Kläger bis zum Ende durchhalten. Nachdem nun die Musterverfahren beim BAG erfolgreich abgeschlossen sind, können alle Rechtsstreite zu einem positiven Ende gebracht werden.
 
Der Kläger des dargestellten Urteils hat bereits für März 2018 automatisch 7 % Zuschlag auf den Stundenlohn bekommen. Zudem hat der Arbeitgeber zugesagt, die Zuschläge nachzuzahlen. Der Kläger hatte seinen Anspruch ab Oktober 2013 geltend gemacht, so dass ein hübsches Sümmchen zusammenkommt.
 
 
LINKS:


Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das in den Musterverfahren ergangen ist, kann hier nachgelesen werden