Können Tankgutscheine Arbeitsentgelt sein? Copyright by Adobe Stock/ M.a.u
Können Tankgutscheine Arbeitsentgelt sein? Copyright by Adobe Stock/ M.a.u

Die Entscheidung des höchsten deutschen Sozialgerichtes erging am 23. Februar 2021.
 

Arbeitnehmerinnen verzichten auf Lohn

Der „schlaue“ Arbeitgeber vereinbarte mit mehreren Arbeitnehmer*innen, dass sie auf einen Teil ihres Bruttolohns verzichten. Das war möglich, weil keine Tarifbindung bestand. Die Arbeitszeit dagegen sollte sich nicht ändern.
Dadurch reduzierten die Gesamt-Lohnkosten des Arbeitgebers.
 

Arbeitgeber kompensiert den Verzicht

Als Ausgleich für den geringeren Bruttolohn bekamen die Arbeitnehmerinnen „neue Gehaltsanteile“. Dabei handelte es sich zum einen um Tankgutscheine. Zum anderen bekamen die Arbeitnehmerinnen Geld dafür, dass sie ihr Auto für Werbezwecke zur Verfügung stellten.
 

Krankenkasse schreitet ein

Die Krankenkasse ist die Einzugsstelle für die Beiträge zur Sozialversicherung. Als solche wandte sie sich an den Arbeitgeber mit der Forderung, Beiträge der Sozialversicherung auch für die „neuen Gehaltsanteile“ abzuführen.
Dagegen wehrte sich der Arbeitgeber. Sowohl das Sozial- als auch das Landessozialgericht gaben ihm recht.
Die Krankenkasse legte Revision zum Bundessozialgericht ein.
 

Bundessozialgericht entscheidet

Die Richter*innen hatten darüber zu befinden, ob es sich bei den „neuen Gehaltsanteilen“ und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt.
 
Unter „Arbeitsentgelt“ fielen  - so das Gericht  - alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Dabei komme es nicht darauf an, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form der Arbeitgeber die Einnahmen gewähre. Ebenso unerheblich sei, ob Arbeitnehmer*innen die Einnahmen unmittelbar aus der Beschäftigung oder nur im Zusammenhang mit ihr erlangten.
 
Sowohl Tankgutscheine als auch Werbeeinnahmen hätten die alleinige Funktion, den Lohnverzicht auszugleichen. Deshalb bezahle der Arbeitgeber diese Einnahmen nicht zusätzlich zum Lohn oder Gehalt. Vielmehr seien sie integraler Bestandteil der vereinbarten neuen Vergütung.
 
Zwar blieben Sachbezüge beitragsfrei, wenn die steuerliche Bagatellgrenze unterschritten sei. Aber die Tankgutscheine stellten einen Geldersatz dar und seien deshalb keine Sachbezüge.
 
Die Werbeeinnahmen seien „im Zusammenhang“ mit dem Beschäftigungsverhältnis geflossen. Deshalb spiele es keine Rolle, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen ein Mietvertrag über die Werbeflächen am Auto bestanden habe. Außerdem seien die Werbeeinnahmen ebenso wie die Tankgutscheine Ersatz für den Lohnverzicht und damit nicht „zusätzlich“ gewesen.
 

Arbeitgeber muss nachzahlen

Da sowohl Gutscheine als auch Werbeeinnahmen Arbeitsentgelt sind, blieb das Vorgehen des Arbeitgebers ein „netter Versuch“. Er muss jetzt die „gesparten“ Beiträge zur Sozialversicherung nachzahlen.

Pressemitteilungen des BSG vom 17.02.2021 und 24.02.2021