Damit gab das Bundesarbeitsgericht der Klage eines Arbeitnehmers statt, der einen Bonus für das Geschäftsjahr 2011 eingeklagt hatte. Die Bonuszahlung hatte er gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber geltend gemacht.
Bonuszahlung bleibt aus
Der Kläger war vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, als Managing Director beschäftigt. Sein monatlichen Bruttoentgelt betrug 16.667 €.
Über das monatliche Entgelt hinaus nahm der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem teil. Aus diesem System hatte er im Jahr 2009 eine Zahlung in Höhe von 200.000,00 Euro und im Jahr 2010 eine Zahlung in Höhe von 9.920,00 Euro erhalten
Im Jahr 2011 erhielt der Kläger keinen Bonus. Andere Mitarbeiter hingegen hatten Leistungen erhalten, in der Höhe zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer den Bonus bei Gericht ein, wobei er die Höhe in dessen Ermessen stellte. Mindestens wollte er 52.480 € erhalten.
Bonus muss nach billigem Ermessen gewährt werden
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Kläger Recht gegeben. Nach Überzeugung des Gerichts hat der Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen einen Anspruch auf einen Bonus. Dieser ist nach billigem Ermessen festzusetzen.
Der Arbeitgeber hatte das Ermessen so ausgeübt, dass er die Zahlung für das Jahr 2011 auf Null reduziert hatte. Für dieses Vorgehen sahen die Richter*innen jedoch keinen Grund. Daher könne das Gericht die Höhe Bonuszahlung selbst festlegen.
Dabei ist die Leistung durch das Gericht aufgrund der Umstände, wie sie sich aus den Akten ergeben festzusetzen. In die Bewertung könnten zum Beispiel die Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen oder auch das Ergebnis einer Leistungsbeurteilung herangezogen werden.
Kläger ist nicht beweispflichtig
Nur wenn es überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Festlegung gäbe, komme eine eigene Ermittlung der Zahlungshöhe nicht in Betracht. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Die Ermittlung sei auch nicht mit der Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn zu verwechseln. Der Kläger sei insofern schon deshalb nicht beweispflichtig, weil er zum Beispiel nicht wissen könne, wie groß der Bonustopf ist. Dies dürfe nicht zu seinen Lasten gehen.
Der Kläger kann auf sein Geld jedoch nicht sofort zugreifen. Denn das BAG hat selbst keine Zahlungshöhe festgestellt, sondern den Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun feststellen, welche Bonuszahlung angemessen ist.
Anmerkung
Ein in mancher Hinsicht außergewöhnlicher Fall. Auch das Bundesarbeitsgericht dürfte es nicht allzu oft mit Klägern zu tun haben, die im Monat mehr Geld verdienen als ein Beschäftigter mit Mindestlohn im ganzen Jahr.
Rechtlich kommt eine interessante Vorschrift zum Tragen. Wie an anderen Stellen auch gibt der Gesetzgeber den Arbeitsgerichten eine erhebliche Freiheit, die von diesen aber oft nicht konsequent genutzt wird.
Man kann Leistungen nicht nur nach billigem Ermessen festlegen, sondern ebenso die Höhe eines Schadens oder einer Forderung schätzen. Auch auf diese Vorschrift hat das Bundesarbeitsgericht erst kürzlich (Urteil vom 25.03.2015, AZ. 5 AZR 602/13) hingewiesen, als es um die Darlegung von Überstunden ging.
Hier hat die Rechtsprechung bislang dem Arbeitnehmer rigoros die Beweislast auferlegt. Dies führt dazu, dass Überstunden oft selbst dann vom Gericht nicht anerkannt werden, wenn der Beschäftigte sie kleinschrittig dokumentiert hat.
Wenn also die Arbeitsgerichte den Wink aus Erfurt zu richterlichen Selbstermächtigung richtig deuten, könnte der Kläger seinen weniger gut verdienenden Kolleg*innen einen großen Dienst erwiesen haben.
Hier direkt zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 3. August 2016 - 10 AZR 710/14
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Rechtliche Grundlagen
§ 315 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - Bestimmung der Leistung durch eine Partei
§ 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.