Wenn ein Noch-Beschäftigter in einem sozialen Netzwerk seinen Status auf »Freiberufler« ändert, rechtfertigt dies allein keine Kündigung.
Wenn ein Noch-Beschäftigter in einem sozialen Netzwerk seinen Status auf »Freiberufler« ändert, rechtfertigt dies allein keine Kündigung.

Ein Mitarbeiter einer Kanzlei für Steuerberatung einigte sich mit seinem Arbeitgeber darauf, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Dabei vereinbarten sie eine mehrmonatige Auslauffrist. Kurz vor dem Ende stellte der Arbeitgeber fest, dass der Mitarbeiter seinen Status im Karrierenetzwerk XING auf »Freiberufler« geändert hatte.

Grenze nicht überschritten

Er kündigte dem Mitarbeiter fristlos und begründete dies damit, dass er einer verbotenen Konkurrenztätigkeit nachgegangen sei. Ihm wurde vorgeworfen, dass er seine Arbeitskraft freiberuflich anbieten und Mandanten abwerben wollte.

Allerdings sah das Gericht in zweiter Instanz die Sache anders und erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Zwar ist während der gesamten Dauer eines Arbeitsverhältnisses eine Tätigkeit in Konkurrenz zum Arbeitgeber grundsätzlich untersagt.

Jedoch sind Handlungen eines Beschäftigten erlaubt, die eine geplante Konkurrenztätigkeit nur vorbereiten sollen. Schließlich muss der Arbeitnehmer Vorkehrungen treffen dürfen, wenn die Tätigkeit absehbar enden wird. Der Mitarbeiter hatte nicht aktiv um Mandanten geworben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zwingendes Konkurrenzverbot

Die entschieden Fall macht deutlich, wie empfindlich Arbeitgeber auf Nebentätigkeiten ihrer Beschäftigten reagieren, wenn sie darin unerlaubten Wettbewerb vermuten. In der Regel sollten Arbeitnehmer dem Arbeitgeber alle Nebentätigkeiten vorab anzeigen.

Liegt der Nebenjob auf dem gleichen Tätigkeitsfeld, ist Vorsicht geboten. Schon die einmalige Unterstützung eines konkurrierenden Unternehmens kann eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag darstellen.

Regelmäßig können unerlaubte Konkurrenztätigkeiten des Arbeitnehmers nicht vollständig nachgewiesen werden. Für eine Kündigung reicht aber schon der dringende Verdacht aus. Hierbei ist entscheidend, dass allein die Vermutung einer Straftat oder einer schweren Pflichtverletzung das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer zerstört.

Der Verdacht einer Verfehlung muss »dringend« sein, das heißt, es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhalten hat. Die Verdachtsmomente müssen sich aus den tatsächlichen Umständen ergeben.

Anhörung des Arbeitnehmers

Zugunsten des Beschäftigten gilt zunächst die Vermutung der Unschuld. Der Arbeitgeber muss daher den Sachverhalt mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umfassend aufzuklären versuchen, bevor er eine Kündigung ausspricht. Er muss insbesondere den betroffenen Arbeitnehmer mit den Vorwürfen konfrontieren und dazu anhören. Wird keine ordnungsgemäße Anhörung durchgeführt, ist die Kündigung unwirksam. Trägt der Arbeitnehmer dabei entlastende Umstände vor, darf der Arbeitgeber diese nicht einfach ignorieren sondern muss diesen weiter nachgehen.

Ein Mitglied des Betriebsrats sollte den Beschäftigten zu der Anhörung begleiten, sofern dies gewünscht wird. Auch kann eine Vorbesprechung sinnvoll sein, um die eigenen Argumente zu sortieren. In jedem Fall muss der Arbeitgeber das Ergebnis der Anhörung dem Betriebsrat mitteilen. Spätestens im Verfahren nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist dem Betroffenen die Gelegenheit zu geben, seine Sicht zu erläutern.

Erhält der Betriebsrat nicht vollständige Informationen oder kommt er zu dem Ergebnis, dass die Verdachtsmomente nicht ausreichen, kann er der Kündigung widersprechen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit den Arbeitgeber zu weiteren Ermittlungen aufzufordern.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 7/2016 vom 08.03.2017.

Das Urteil des Landesarbeitsgericht Köln vom 07.02.2017 – 12 Sa 745/16 hier im Volltext

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Rechtliche Grundlagen

§ 626 BGB

§ 626 BGB
Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.