Annette Busch, Rechtssekretärin DGB Rechtsschutz GmbH, Duisburg
Annette Busch, Rechtssekretärin DGB Rechtsschutz GmbH, Duisburg

Für die Beschäftigten ist dies ein Schock, besonders wenn sie seit vielen Jahren zur Belegschaft gehören und trotz bislang üblicher Verhaltensweisen gekündigt werden. Aber bei den Eigentumsrechten des Arbeitgebers kennen die Arbeitsgerichte keine Nachsicht. „Die gängige Rechtsprechung sieht keine Untergrenze für Eigentumsdelikte vor“, erläutert Carsten Schuld, Jurist bei der Hauptverwaltung der DGB Rechtsschutz GmbH. Dabei sind Richter gesetzlich verpflichtet, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu prüfen. „Es wäre wünschenswert, wenn bei der Verhältnismäßigkeit die Beschäftigungszeit stärker berücksichtigt wird“, meint der Arbeitsrechtsexperte, „oder wenn der Gesetzgeber eine Bagatellgrenze verabschieden würde.“

 

Firma wird Gewerkschafter nicht los

 

Wie im Falle eines Straßenbauers, der seit über zwölf Jahren bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg tätig war. Eine krankheitsbedingte Kündigung war vor Gericht bereits anhängig, als der Kläger (32 Jahre) eine weitere Kündigung erhielt. Im Dezember 2008 wurde der Straßenbauer zum ver.di-Vertrauensmann gewählt, Anfang Januar 2009 führte er mit Kollegen die ersten Gespräche in dieser Funktion – und wurde prompt fristlos gekündigt. Der Vorwurf des Arbeitgebers: Arbeitszeitbetrug. Der Vertrauensmann habe sich zwar eingestempelt, tatsächlich aber erst später angefangen zu arbeiten. Der Straßenbauer klagte erfolgreich dagegen mithilfe der Duisburger DGB Rechtsschutz GmbH. Das Gericht stellte fest, dass an einem Tag tatsächlich Arbeitszeitbetrug vorlag, aber ohne persönlichen Vorteil, da er unbestritten als ver.di-Vertrauensmann Gespräche geführt habe. Diese Uneigennützigkeit, die Kürze des neuen Amtes, die lange Betriebszugehörigkeit und nicht zuletzt die Tatsache, dass der Kläger bei seinem Vorgesetzten für zumindest einen späteren Arbeitsbeginn die Erlaubnis eingeholt hatte, sprachen für den Mitarbeiter. Das Fehlverhalten kann nicht so gravierend gewesen sein, heißt es im Urteil, wenn es einmal erlaubt wurde – eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen. „Der Vertrauensmann hätte sich besser erst innerbetrieblich erkundigt, wie er sich während der Arbeitszeit verhalten soll“, erklärt Rechtssekretärin Annette Busch, die den Straßenbauer arbeitsrechtlich vertreten hat, „auf jeden Fall sollte man nach einer solchen Wahl mit dem Arbeitgeber sprechen und sich zusätzlich durch eine Beratung bei der Gewerkschaft absichern.