Der Verein setzte den Kläger im Schalker Museum bei Stadionführungen, an der Kasse, in der Museumsorganisation, im Tabakladen und beim Verkauf von Fan-Artikeln ein. Die Stundensätze, die der Kläger erhielt, schwankten zwischen 10 € und 21,40 €. Durchschnittlich war der Kläger 80 bis 85 Stunden im Monat tätig. 

Kläger ist kein freier Mitarbeiter sondern Arbeitnehmer

Schalke 04 vertrat die Ansicht, dass der Kläger freier Mitarbeiter sei und kein Arbeitnehmer. Wäre das Gericht dieser Auffassung gefolgt, wäre es für den Rechtsstreit gar nicht zuständig gewesen. Das Verfahren hätte dann beim Amtsgericht oder Landgericht weiter geführt werden müssen. Die Richter in Gelsenkirchen bejahten aber die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers und damit auch ihre Zuständigkeit.

Abgrenzung freies Mitarbeiterverhältnis und Arbeitsverhältnis 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist Arbeitnehmer, wer in den Betrieb eingegliedert ist und Weisungen befolgen muss. Selbstständig ist dagegen der, der seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeiten selbst bestimmen kann. Für die Beurteilung, ob ein freies Mitarbeiterverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis vorliegt, kommt es auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Mitarbeiters an. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Außerdem ist maßgeblich, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich durchgeführt worden ist.

Tour-Guide war an Weisungen gebunden

Der Kläger konnte seine Führungen nicht frei gestalten; er musste sich viel mehr nach den vom Verein herausgegebenen Tourleitfaden richten. Er musste auch die von Schalke gestellte Kleidung nebst Namensschild tragen. Auch in seinem zeitlichen Einsatz war er nicht frei. Vielmehr erstellte die Museumsleitung für alle Tour-Guides einheitliche verbindliche Dienstpläne. Wenn der Kläger an der Kasse oder im Büro arbeiten musste, wurden ihm die zu erledigenden Aufgaben vorgegeben. Er war damit wie ein Arbeitnehmer persönlich abhängig und fremdbestimmt, also kein freier Mitarbeiter.

Sozialversicherungsbeiträge abgeführt

Zunächst hatte Schalke 04 keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Ab Oktober 2015 erhielt der Kläger jedoch Abrechnungen mit Abzügen von Steuern und Beiträgen und nur noch den errechneten Nettobetrag. Das Arbeitsgericht wertete dies so, dass der Verein durch diese Abrechnungspraxis selbst deutlich gemacht hat, dass er nicht (mehr) von einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers ausgeht.

Kläger muss als Tour-Guide weiter beschäftigt werden

Besteht das Arbeitsverhältnis noch, darf ein Arbeitgeber nicht ohne besonderen Grund, seine Mitarbeiter*innen von der Arbeit freistellen. Im laufenden Arbeitsverhältnis besteht ein Anspruch auf Beschäftigung. Arbeitnehmer*innen müssen auch nicht eigens begründen, weshalb sie an der Beschäftigung ein besonderes Interesse haben. 

Dieser Beschäftigungsanspruch kann außerdem im gerichtlichen Eilverfahren durchgesetzt werden, wie der Kläger im vorliegenden Verfahren erfolgreich gezeigt hat.

Anmerkung:

Es erstaunt, dass der bekannte Gelsenkirchener Fußballverein erst durch Urteil zur Weiterbeschäftigung des Klägers gezwungen werden musste. Zumal er besondere Gründe für die Freistellung des Klägers im Prozess offensichtlich nicht anführen konnte.

Auch die Annahme, der Kläger arbeite als freier Mitarbeiter, war nicht naheliegend. Die Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und Arbeitsverhältnis ist durchaus ein schwieriges arbeitsrechtliches Problem, mit dem sich auch das BAG bereits häufiger befassen musste. Komplexe Abgrenzungsprobleme bot der vorliegende Fall dagegen eher nicht, zumal der beklagte Verein zuletzt schon selbst Abrechnungen erteilt hatte wie sie nur bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses erstellt werden.


Das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 19.01.2016 (15 Ga 17/15) kann hier nachgelesen werden.


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