Erst überlegen, bevor man sich äußert! Copyright by New Africa/Adobe Stock
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Viele Kläger eines gerichtlichen Verfahrens wünschen, dass ihre Prozessbevollmächtigte im Gerichtstermin mal so richtig auf den Tisch klopfen und dem Gegner zeigen, wer hier im Recht ist. Manchmal ist das jedoch gar nicht nötig. Es ist es dann oft auch viel besser, eigentlich gar nichts zu sagen.
 
Prozessbevollmächtigte sehen sich in diesen Momenten aber leider oft der Kritik ihrer Mandanten ausgesetzt. Der Fall, den das Arbeitsgericht Mainz nun zu entscheiden hatte, zeigt aber ganz deutlich, dass das nicht unbedingt gerechtfertigt ist. Hier war es gut, dass die Prozessbevollmächtigten so klug waren, den Mund gehalten zu haben.
 
Doch, um was ging es in diesem Prozess?
 

Der Zeitarbeitnehmer war immer wieder kurz erkrankt

Der Kläger war über sechs Jahre hinweg als Zeitarbeitnehmer beschäftigt. Er verrichtete Arbeiten in der Produktion. Das Arbeitsverhältnis war zunächst befristet. Zwischenzeitlich war der Kläger jedoch auf Dauer beschäftigt worden.
 
Über mehrere Jahre hinweg bei der Kläger häufig arbeitsunfähig erkrankt. Grund dafür waren orthopädische Probleme. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt.
 
Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz, in welchen der Kläger durch die DGB Rechtsschutz GmbH vertreten wurde, machte er geltend, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Des Weiteren führte er an, seine Krankheit sei ausgeheilt. In Zukunft werde er nicht mehr so häufig arbeitsunfähig werden.
 
Das Gericht gab der Klage aus zwei Gründen statt.
 

Der Betriebsrat muss angehört werden, sonst ist die Kündigung unwirksam

Nach dem Gesetz müsse der Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung angehört werden. Wenn der Kläger im Verfahren ausführt, er wisse nicht, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei, habe der Arbeitgeber die Pflicht, sich hierzu weiter zu äußern. Offensichtlich war der Beklagte im Gütetermin durch das Gericht auch darauf hingewiesen worden.
 
Dennoch schrieb der Arbeitgeber dem Gericht nur, an welchem Datum der Betriebsrat angehört wurde. Im Übrigen bezieht er sich auf die Ausführungen in seinem Schriftsatz.
 

Wichtig ist ein substantiierter Vortrag

Das sei nicht genug, so das Arbeitsgericht. Es wäre ganz deutlich, dass dies kein substantiierter Vortrag zur Anhörung des Betriebsrates sei. Werde dem Gericht die Anhörung des Betriebsrates nicht genau und im Detail geschildert, so habe das Gericht aus prozessualen Gründen anzunehmen, dass es gerade eben keine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates gegeben hatte.

 

Aus prozesstaktischen Gründen war es gut, nichts weiter gesagt zu haben

In diesem Falle war es also in der Tat äußerst wichtig für den Kläger gewesen, dass seine Prozessbevollmächtigten sich zur Anhörung des Betriebsrates nur mit einem Satz geäußert hatten, nämlich nicht zu wissen, ob diese erfolgt sei.
 
Bereits dadurch alleine hätte der Kläger seinen Prozess gewonnen. Das Gericht setzte sich jedoch auch noch zusätzlich mit den Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung auseinander.
 

Die Erkrankungen des Klägers waren ausgeheilt

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung müsse der Kläger allerdings schon ausführlich vortragen. Er sei so häufig krank gewesen, dass dies an sich für eine Kündigung ausreiche. Die Fehlzeiten des Klägers seien durchaus dazu geeignet, für die Zukunft anzunehmen, dass er weiterhin oft krank werde.
 
Zu seinen Krankheiten habe der Kläger aber Atteste vorgelegt. Er habe auf das Ergebnis von Röntgenaufnahmen hingewiesen. Daraus habe sich ergeben, dass keine weitreichenden krankhaften Befunde mehr gegeben seien.
 
Aus dem Vortrag des Klägers ergebe, dass die Erkrankungen ausgeheilt sind. Mit den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen sei der Kläger seiner Pflicht im Verfahren nachgekommen, genau das ausführlich darzulegen, so das Arbeitsgericht.
 

Der Arbeitgeber muss sich mit den Befunden auseinandersetzen

Auch hierzu hätte der Arbeitgeber sich wiederum äußern müssen. Er wäre verpflichtet gewesen, sich mit den einzelnen Angaben des Klägers in dessen Schriftsatz auseinanderzusetzen. Das hatte er jedoch offensichtlich nicht getan.
 
Auch hier war es gut, an dieser Stelle nichts weiter zu sagen. Etwaige Diskussionen im Gerichtstermin hätten dazu führen können, dass der Arbeitgeber doch noch so viel zur Sache sagt, wie nötig gewesen wäre. Das war jedoch nicht geschehen.
 

Der Arbeitgeber brachte keine ausreichenden Einwendungen vor.

Aus Sicht des Arbeitsgerichts lagen daher auch diesbezüglich keine ausreichenden Einwendungen des Beklagten vor. Das Gericht führt aus, damit habe der Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt werden können. Es sei demnach nicht zu erwarten, dass der Kläger künftig häufiger erkrankt.
 
Die Kündigung sei deshalb auch nach dem Kündigungsschutzgesetz unwirksam. Der Kläger müsse bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter beschäftigt werden.
 

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Oft sind es die ganz kurzen Entscheidungen, die den Praktikern Entscheidendes an die Hand geben. Sich prozesstaktisch richtig zu verhalten ist nicht immer ganz einfach. Die Menschen kennen halt auch Prozesse, die im Fernsehen übertragen werden. Da spielen sich Staatsanwälte auf und auch Rechtsanwälte zeigen sich gegenseitig, wer das Recht auf seiner Seite hat. All dies geschieht sehr wortgewaltig und manchmal auch boshaft.

Mit der täglichen Praxis im Leben eines Prozessbevollmächtigten hat das jedoch wenig zu tun. Zum einen sind Arbeits-und Sozialrecht etwas anderes als das im Fernsehen oft abgebildete Strafrecht. Andererseits darf auch nicht vergessen werden, dass jeder Prozessbevollmächtigte, der häufiger an ein Gericht geht, dort auch gerne immer ein verlässlicher Ansprechpartner bleiben muss bleiben muss, um schwierige Verhandlungen zu einem guten Ergebnis bringen zu können. Viel heiße Luft und nichts gesagt, bringt da nichts.

Da Mandanten, die sich über ihren Arbeitgeber geärgert haben, gerne sehen, wenn der vor dem Gericht so richtig vorgeführt wird, ist natürlich nachvollziehbar. Dort wo es möglich und notwendig ist, ist es auch zweifelsohne angebracht.

Es gibt jedoch auch Situationen, in welchen prozesstaktische Überlegungen wichtig sind. Denn letztlich zählt, was am Ende rauskommt. Hat ein Arbeitgeber überhaupt keine Ahnung von der Darlegung-und Beweislast im arbeitsgerichtlichen Verfahren, dann kann es schon einmal angebracht sein, einfach nur einen Satz zu sagen und sonst nichts.

Für das Gericht ist das dann oft auch einfach. Ohne weitere große Worte gibt es ein positives Urteil, wie hier.

Um sich gut vertreten zu fühlen, ist es wichtig, das zu wissen. Schließlich zählt am Ende nur das Ergebnis.