Er hat vor Gericht ganz schlechte Karten. Gopyright by Adobe Stock/ peterschreiber.media
Er hat vor Gericht ganz schlechte Karten. Gopyright by Adobe Stock/ peterschreiber.media

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte am 22. Januar 2020 über eine Kündigung wegen mangelnder Wahrheitsliebe zu entscheiden.

Was war passiert?

Nach seinem Arbeitsvertrag war ein Arbeitnehmer zu „Hausmeistertätigkeiten und Gartenarbeiten“ verpflichtet.
Anfang 2018 bekam er einen Dienstplan, der ihm neue Tätigkeiten zuwies. Gegen diesen Dienstplan wehrte sich der Hausmeister vor dem Arbeitsgericht. Mit diesem Verfahren wollte er die Feststellung erreichen, dass er nicht verpflichtet sei, Toiletten zu reinigen.

Wie hat der Hausmeister seinen Antrag begründet?

Zur Begründung ließ der Hausmeister durch seinen Prozessbevollmächtigten vortragen:
 „Der Kläger wurde in der Vergangenheit überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt . . .“  .
Im weiteren Verlauf des Prozesses räumte der Kläger ein, dass er als Hausmeister verschiedene Objekte zu betreuen habe. Nur bei einem dieser Projekte fielen Reinigungsarbeiten in der Toilette an. Aber auch bei diesem Objekt habe er auch andere Sanitärflächen und Nutzflächen  - etwa eine Teeküche  - zu reinigen gehabt.
Damit stand fest, dass die Behauptung des Hausmeisters, der Arbeitgeber habe überhälftig Toilettenarbeiten von ihm verlangt, objektiv nicht zutrifft.

Wie hat der Arbeitgeber reagiert?

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgemäß. Eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht möglich. Schließlich habe der Hausmeister bewusst die Unwahrheit vortragen lassen, um zu der von ihm begehrten Feststellung zu gelangen.

Wie hat der Hausmeister reagiert?

Der Hausmeister wehrte sich gegen die Kündigung durch eine Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Der Hausmeister legte Berufung zum Landesarbeitsgericht ein.

Wie hat das Landesarbeitsgericht entschieden?

Zunächst weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass allein entscheidungserheblich sei, was der Kläger im Feststellungsverfahren vortragen ließ. Deshalb seien alle anderen Äußerungen nicht maßgeblich, die im Zusammenhang mit dem neuen Dienstplan gefallen seien.
Der Vortrag des Klägers, er habe überhälftig Toiletten reinigen müssen, sei objektiv falsch. Dies ergebe sich bereits daraus, was der Kläger selbst eingeräumt habe.
Damit habe der Kläger bewusst wahrheitswidrig vorgetragen, weil er auch befürchteten musste, den Feststellungsprozess sonst zu verlieren.

Ein solches Vorgehen stelle eine massive Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar. Denn Arbeitnehmer sind nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur  „. . . Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen . . .“  des Arbeitgebers verpflichtet.
Zwar stelle  - so das Landesarbeitsgericht weiter  - nicht jede objektiv wahrheitswidrig Erklärung einer Partei in einem Rechtsstreit eine Pflichtverletzung gegenüber dem Arbeitgeber dar. Erforderlich sei vielmehr, dass die Erklärung den Zweck habe, das Gericht zu einer für den Arbeitgeber negativen Entscheidung zu bewegen. Dies sei bei dem Hausmeister der Fall gewesen, wenn er befürchten musste, den Feststellungsprozess bei wahrheitsgemäßen Angaben zu verlieren.

Damit stand für das Landesarbeitsgericht also fest, dass der Hausmeister seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten massiv verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung sei an sich ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung.
Darüber hinaus könne dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, den Hausmeister bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Zwar sei sein Alter von 64 Jahren zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite habe der Kläger durch sein Verhalten aber das Vertrauensverhältnis schwer gestört. Auch habe das Arbeitsverhältnis lediglich 16 Monate bestanden. Und die Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt als Gebäudereiniger oder Hausmeister seien nicht schlecht. Damit überwiege das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers das Interesse des Klägers am Erhalt seines Arbeitsplatzes.

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 22. Januar 2020 – 6 Sa 297/19 –, juris