Ein Vertrag über den Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft im Vorfeld eines Betriebsübergangs ist unwirksam, wenn er nur dazu dient, das Arbeitsverhältnis zu unterbrechen und so eine kürzere Kündigungsfrist herbeizuführen.

Die Parteien streiten über die Dauer der Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis des Klägers, für die es auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses ankommt.

Für die frühere Arbeitgeberin des Klägers war im Herbst 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im März 2006 ließ der Insolvenzverwalter den Kläger sechs Vertragsformulare unterzeichnen, mit denen der Kläger die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Insolvenzverwalter und den anschließenden Eintritt in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B&Q, auch Transfergesellschaft) zu sechs verschiedenen Terminen des Jahres 2006 anbot.

Anfang Mai 2006 ließ der Insolvenzverwalter den Kläger zwei weitere Angebote unterzeichnen, diesmal für ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die den Betrieb erwerben wollte. Die Beklagte hatte vor, den Betrieb mit 352 von 452 Arbeitnehmern der insolventen Betriebsveräußerin fortzuführen.

Am 29. Mai 2006 unterzeichnete die B&Q das Vertragsangebot des Klägers, das sein Ausscheiden bei der insolventen Arbeitgeberin mit dem Ablauf des 31. Mai 2006 und den Eintritt in die Qualifizierungsgesellschaft zum 1. Juni 2006 vorsah. Tatsächlich war der Kläger am 1. Juni 2006 auf einer Betriebsversammlung. Dort ließ die Beklagte im Losverfahren die 352 Arbeitnehmer ermitteln, mit denen sie den Betrieb ab dem 2. Juni 2006 fortführte. Darunter war auch der Kläger. Später wurde das Vertragsverhältnis des Klägers mit der B&Q zum Ablauf des 1. Juni 2006 rückwirkend aufgehoben.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg (Vorinstanz: Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, Urteil vom 18. Februar 2010 - 7 Sa 780/09. Der Kläger kann aufgrund einer über zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von fünf Monaten beanspruchen. Auf eine eintägige Unterbrechung durch den Vertrag mit der B&Q am 1. Juni 2006 kann sich die Beklagte nicht berufen.

Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erkannt hat, diente der Vertrag dem Zweck, die Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu unterbrechen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB zu umgehen. Der Kläger sollte nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden, ihm war vielmehr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Betriebserwerberin verbindlich in Aussicht gestellt worden. Das von der Beklagten betriebene „Losverfahren“ auf einer Betriebsversammlung änderte daran nichts. Schließen Arbeitnehmer vor einem Betriebsübergang einen Vertrag, mit dem sie vom Betriebsveräußerer zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B&Q) wechseln, so ist diese Vereinbarung nämlich nur wirksam, wenn sie auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer verstößt jedoch gegen zwingendes Recht, wenn dadurch bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bezweckt wird. Davon ist auszugehen, wenn die Betriebserwerberin den Arbeitnehmern schon neue Arbeitsverhältnisse verbindlich in Aussicht gestellt hat.

Bedeutung für die Praxis:

Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (BQG) sind sinnvolle Einrichtungen, um Arbeitslosigkeit zu überbrücken oder sogar zu verkürzen.  Begrifflich werden sie nicht immer unterschieden von reinen Transfergesellschaften, deren ausschließlicher Zweck es ist, Arbeitnehmer so schnell wie möglich in neue Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Dort wo BQGs seriös arbeiten, haben sie häufig höhere Vermittlungsquoten als die Arbeitsagenturen. Der Gesetzgeber fördert dieses Instrument aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung. Der Übertritt in eine BQG erfolgt durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen dem alten Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der BQG. Danach wird das alte unbefristete Arbeitsverhältnis beendet und ein neues (maximal auf ein Jahr) befristetes Arbeitsverhältnis mit der BQG begründet. Die BQGs sind keine staatlichen Einrichtungen sondern können von jedem privaten Träger gegründet werden, so dass große Sorgfalt bei der Auswahl zu üben ist.

Bei der Übernahme von Arbeitnehmern entsteht stets die Frage nach dem Betriebsübergang gem. § 613a BGB. Eine Kündigung oder Aufhebung des Vertrags, die beim Wechsel in eine BQG allein den Zweck erfüllt, die Folgen des § 613a BGB, nämlich den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu umgehen, ist unwirksam. Das ist bereits im Gesetz so geregelt und ständige Rechtsprechung des BAGs. Im vorliegenden Fall hat das BAG eine Umgehung des § 613a BGB angenommen, die sich insbesondere auf die Länge des Arbeitsverhältnisses auswirkte. Der Arbeitgeber hatte die Kündigungsfrist und die Höhe der Abfindung nur auf die Zeit der Tätigkeit in der BQG beschränken wollen. Das hat das BAG für unwirksam erklärt.