Kündigt der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied wegen eines Verstoßes gegen seine Betriebsratspflichten, ist das bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg hervor.

Die Klägerin ist seit 1990 beim Kaufhaus Breuninger in Stuttgart als Mitarbeiterin im Verkauf beschäftigt und seit Mai 2010 Mitglied des Betriebsrats. Die Beklagte wirft der Klägerin vor, sie habe in der Sitzung des Betriebsausschusses am 1. September 2010 unter Zuhilfenahme eines Mobiltelefons einem Außenstehenden ermöglicht, die Beratung des Gremiums heimlich mitzuhören. Die Arbeitgeberin hat die Klägerin nach Bekanntwerden des Vorwurfs persönlich angehört und am 13. September 2010 deshalb fristlos gekündigt. Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass zumindest der dringende Verdacht gegen die Klägerin bestehe, sie habe einen Außenstehenden heimlich mithören lassen. Am 20. September 2010 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis nochmals fristlos und wirft der Klägerin insoweit vor, sie habe in einem anderen gerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte mit Urteil vom 26.01.2011 (Aktenzeichen 28 Ca 7333/10) die beiden Kündigungen für unwirksam erklärt.

Die am Verfahren Beteiligten haben sich am 21. Februar 2011 vor dem Arbeitsgericht Stuttgart zunächst widerruflich darauf verständigt, dass die Antragstellerin das Betriebsratsamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigungen einstweilen ausüben kann.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Unwirksamkeit der Kündigungen bestätigt. Unabhängig davon, dass der behauptete Pflichtenverstoß (Abhören der Ausschusssitzung) zwischen den Parteien streitig ist, führt jedenfalls die umfassende Interessenabwägung dazu, dass die Kündigung vom 13. September unwirksam ist.

Innerhalb der Interessenabwägung hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin seit über 20 Jahren beanstandungsfrei bei der Beklagten beschäftigt ist und es bei der vorgeworfenen Pflichtverletzung vorrangig um die Verletzung von Pflichten aus dem Betriebsratsamt geht. Die Kündigung vom 20. September 2010 wurde für unwirksam erklärt, weil das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass die Klägerin tatsächlich eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben hat.