Unüberlegte WhatsApp Nachrichten können den Job kosten. Copyright by AnKudi/Fotolia
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Zwei Tage nach Aufnahme ihrer Tätigkeiten bei der Beklagten besuchte die Klägerin in ihrer Freizeit ein Café. An der Bar kam es zu einen Gespräch mit ihrem Bekannten und weiteren flüchtigen Bekannten der Klägerin. Einer der Gesprächsteilnehmer äußerte sich dahingehend, dass ein Mitarbeiter der Beklagten, der Vater des Geschäftsführers der Beklagten, angeblich ein verurteilter Vergewaltiger sein soll. Dass diese Behauptung nicht den Tatsachen entspricht, erfuhr die Klägerin erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Noch am selben Tag informierte die Klägerin eine seit längerem für die Beklagte tätige Kollegin per „WhatsApp“ über den Inhalt des Gesprächs, die sie erst zwei Tage zuvor im Betrieb kennengelernt hatte.

Diese Kollegin der Klägerin wandte sich daraufhin an den Geschäftsführer der Beklagten, den sie über den Inhalt der WhatsApp-Kommunikation informierte. Hieraufhin kündigte der Geschäftsführer das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin Klage beim Arbeitsgericht.
 

Erfolgreich in der ersten Instanz

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, soweit sie sich gegen die außerordentliche Kündigung richtete und kam zu dem Ergebnis, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher Kündigung in der Probezeit einen Monat später durch ordentliche Kündigung geendet habe.
 

Beklagte geht in Berufung

Unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung kam das Landesarbeitsgericht (LAG) zu dem Ergebnis, dass die der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam ist und wies die Klage ab.

In seinen Entscheidungsgründen führt das LAG aus, dass ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Grund insbesondere die grobe Beleidigung des Arbeitgebers oder von Arbeitskollegen darstellt, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Ein solcher Fall liege insbesondere dann vor, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer den Tatbestand der üblen Nachrede erfülle. Hierbei komme es nicht auf die strafrechtliche Wertung an, sondern darauf, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzungen des Arbeitsverhältnisses noch zuzumuten sei.

Die üble Nachrede im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) setze nicht voraus, dass dem Täter die Unwahrheit der Tatsache, die er behauptet, bekannt sei. Bei der Verbreitung von Schriften sei es nicht erforderlich, dass die Tatsachenmitteilung an einen größeren Personenkreis gelangt. Im Vergleich zum unsubstantiierten Werturteil habe die gegenüber einem Dritten abgegebene Tatsachenäußerung als motiviertes Urteil mehr Gewicht. Die Behauptung der Klägerin, ihr Kollege sei ein verurteilter Vergewaltiger, so die Berufungsrichter*innen, stelle eine ehrenrührige Behauptung dar, die dazu geeignet sei, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

Die üble Nachrede der Klägerin sei nicht gerechtfertigt. Sie könne sich auch nicht auf ihr Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber üben und sich dabei auch überspitzt äußern. Allerdings müsse der auch strafrechtlich gewährleistete Ehrenschutz beachtet werden. Auch könne die Klägerin nicht von der Wahrnehmung berechtigter Interessen ausgehen.
 

Interessenabwägung im Einzelfall

Im Rahmen der Interessenabwägung im Einzelfall kam das LAG zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Klägerin an der Einhaltung der 14-tägigen Kündigungsfrist überwiege. Das Arbeitsverhältnis habe zum Zeitpunkt des Vorfalles noch nicht einmal drei Tage bestanden, womit noch kein Bestandsschutz für die Klägerin bestehe. Überdies sei die Behauptung geeignet gewesen, die Position des Geschäftsführers zu untergraben, da sich die unzutreffende diffamierende Behauptung auf dessen Vater bezog. Die Untergrabung der Position eines Vorgesetzten müsse der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, vom 14. 3. 2019, Az: 17 Sa 52/18

Rechtliche Grundlagen

§§ 626 BGB, 186 StGB, 193 StGB


§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. 2Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. 3Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


§ 186 Strafgesetzbuch (StGB) - Üble Nachrede

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


§ 193 Strafgesetzbuch (StGB) - Wahrnehmung berechtigter Interessen

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.