Kirchensteuer ist so etwas wie ein Mitgliedsbeitrag. Die Religionsgemeinschaften dürfen von ihren Mitgliedern Beiträge erheben. Mit dieser finanziellen Eigenständigkeit hat sich die Kirche unabhängiger vom Staat gemacht. Erhoben wird sie vom Finanzamt. Jede*r Arbeitnehmer*in, der/die Mitglied in so einer Gemeinschaft ist, kann auf seinen Lohnabrechnungen den Einbehalt sehen und nachher auch auf der ETIN-Bescheinigung, der Jahresbescheinigung des Arbeitslohns.

 

Wie hoch ist die Kirchensteuer?

 

Die Kirchensteuer hängt von der Einkommensteuer ab und fällt in Höhe von acht bis neun Prozent der Einkommensteuer an. Der Prozentsatz ist in den Bundesländern uneinheitlich. Kinder wirken sich kirchensteuermindernd aus, selbst wenn bei der Einkommensteuer keine Kinderfreibeträge in Anspruch genommen werden, sondern Kindergeld gezahlt wird. Bis auf das Bundesland Bayern gibt es eine Kappungsgrenze nach oben.

 

Ist Neumann katholisch und seine Frau evangelisch, wird (außer in Bayern) die Steuerbemessungsgrundlage geteilt, egal ob unterschiedlich viel verdient wird. Kirchgeld heißt es, wenn ein Ehepartner Mitglied in einer Kirche ist, der andere nicht. Die Erhebung ist in dem Fall etwas komplizierter.

 

Wirkung des Kirchenaustritts

Jeder kann seine Religion frei wählen. Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, was auch heißt, dass Neumann sich von seiner Kirche lossagen kann. Tritt er aus der Kirche aus, endet seine kirchliche Mitgliedschaft. Das geht nicht rückwirkend. Neumann wohnt in NRW, für den Austritt aus der Kirche sind hier die Amtsgerichte zuständig, wie auch in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. In den meisten Bundesländern sind die Standesämter zuständig.

 

Dass Neumann auch noch eine Gebühr für den Austritt entrichten muss, regt ihn schon nicht mehr auf. Die Gebührenerhebung ist verfassungsrechtlich möglich. Aber Neumann hätte im Jahr vor der Zahlung der Abfindung austreten müssen, damit keine Kirchensteuer mehr anfällt. Er ist im August ausgetreten, in NRW wirkt der Austritt zum Ende des Monats, in anderen Bundesländern zum Teil einen Monat später. In allen Bundesländern wird für jeden Monat, in dem die Kirchensteuerpflicht bestanden hat, ein Zwölftel der Kirchensteuer erhoben, die bei ganzjähriger Kirchensteuerpflicht zu zahlen gewesen wäre. Also bei Neumann noch 8/12.  

 

Erlassantrag für Kirchensteuer aus Abfindung

 

Eine Abfindung ist im Steuerrecht eine außergewöhnliche Einkunft. Bei solchen Einkünften kann es sich lohnen, einen Antrag mit dem Ziel zu stellen, dass einem ein Teil der Kirchensteuer erlassen wird. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf einen Teilerlass, doch seit Jahrzehnten werden Mitgliedern in diesem Fall bis zu 50 % erlassen.

 

Bei einem Kirchenaustritt wird der Erlass aber oftmals versagt. Da war Neumann mit seinem Austritt vorschnell.

 

Zuständigkeit für den Erlassantrag

 

Zuständig für einen Erlass ist die Religionsgemeinschaft, in der man im Zeitpunkt der Antragstellung Mitglied ist. Je nach Bundesland und Kirche gibt es unterschiedliche Stellen. Neumann ist katholisch. Für ihn ist das Erzbistum Köln zuständig. Auf deren Internetseite findet sich sogar ein Musterantrag. Dem Antrag beizufügen ist der rechtskräftige Steuerbescheid.

 

Folge des Erlasses

 

Die Kirchensteuer ist eine abziehbare Sonderausgabe. In der Steuererklärung gibt es im Mantelbogen eine Zeile mit gezahlt und erstattet. Der Saldo mindert die persönliche Steuerlast um den eigenen Steuersatz. Der findet sich am Ende des Steuerbescheids. Bei Neumann sind es 25 %.

 

Wenn Neumann im Nachhinein durch den Austritt oder den Erlass Kirchensteuer erstattet bekommt, hat er im nächsten Jahr bei den Sonderausgaben quasi ein Minus (genannt Erstattungsüberhang), weil er durch den Austritt ja keine Steuer mehr bezahlt. Das mindert seine Steuerrückzahlung oder führt dann zu einer Nachzahlung. Bei 1.000 € Kirchensteuererstattung sind das dann 250 € Einkommensteuer, die mehr anfallen. Trotzdem ein gutes Geschäft.

 

Antrag stellen schadet nie

 

Viele Leistungen werden immer nur auf Antrag bewilligt. Wie beschrieben, gibt es keinen Rechtsanspruch auf den Teilerlass der Kirchensteuer, er wird aber häufig bewilligt.