© Adobe Stock - Von Ilan Amith
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Der Kläger war ab Ende 2019 bei der Beklagten als Kurierfahrer beschäftigt. Er hatte vorsortierte Pakete nach einer vorgeplanten Route zuzustellen.

 

Die Spedition, bei der er angestellt war, hat nur einen einzigen Kunden. Dieser beanstandete das Verhalten des Klägers und lehnte, gestützt auf eine Vertragsklausel, einen weiteren Einsatz ab (“Offboarding“).

 

Die Spedition kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise mit der innerhalb der Probezeit zulässigen Frist von zwei Wochen.

 

Klage gegen die außerordentliche Kündigung

Der Kläger hat nur die fristlose Kündigung angegriffen. In erster Instanz unterlag er beim Arbeitsgericht Nürnberg. Infolge des Einsatzverbotes sei dem Kläger seine Leistung unmöglich geworden, so die Begründung. Es genüge bereits das so genannte Offboarding des Klägers durch den Kunden als wichtiger Grund, um die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

 

Das sah das Landesarbeitsgericht (LAG) in zweiter Instanz anders und gab der Berufung des Klägers statt.

 

LAG: Ein wichtiger Grund für die Kündigung liegt nicht vor

Nach § 626 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn es dem Kündigenden nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzuwägen.

 

Hier haben die Arbeitsrichter*innen zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, also typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Hier kam das LAG zu dem Ergebnis, dass das Offboarding durch den Kunden für sich genommen kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist.

 

Kündigung erfolgte personenbedingt, nicht verhaltensbedingt

Der Arbeitgeber hatte sich nicht auf ein Fehlverhalten des Klägers berufen, sondern auf das Einsatzverbot. Da er als Fahrer gesperrt war und es andere Einsatzmöglichkeiten nicht gab, habe er seine Arbeit nicht leisten können. Das LAG stellt das in seiner Entscheidung vorab klar, da es nicht um eine verhaltensbedingte, sondern um eine personenbedingte Kündigung geht.

 

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen, zur arbeitsvertraglichen Leistung auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist. Einer solchen schweren und dauerhaften Störung kann der Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung begegnen, wenn keine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Allerdings, wie das LAG klarstellt, gilt das nur ausnahmsweise, insbesondere wenn eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist. Denn eine personenbedingte Kündigung ist verschuldensunabhängig.

 

Trotz Beschäftigungsverbot ist die Kündigungsfrist einzuhalten

In der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht den Arbeitgeber gefragt, wie lange das “Offboarding“ zu einem Beschäftigungsverbot beim Kunden führt. Eine sichere Antwort darauf gab es nicht. Damit stehe gerade nicht fest, so das LAG, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung auf unabsehbare Dauer an der Arbeitsleistung verhindert war.

 

Entscheidend war das indes nicht. Denn selbst wenn zum Zeitpunkt der Kündigung von einem dauerhaften Leistungshindernis auszugehen wäre, wäre nach dem LAG der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung ausreichend und verhältnismäßig gewesen. Gerade in Fällen des dauernden Leistungshindernisses lasse das BAG eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich nur dann zu, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist und eine der ordentlichen Kündigung entsprechende soziale Auslauffrist eingehalten wird. Die ordentliche Kündigung war hier nicht ausgeschlossen. Dem Arbeitgeber sei daher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der zweiwöchigen Kündigungsfrist zuzumuten.

 

Zum Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers gehört die Einhaltung der Kündigungsfrist

Auch auf das Wirtschaftsrisiko, das der Arbeitgeber grundsätzlich trägt, stellt das LAG ab. Dazu gehöre ebenso die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger allgemein als Kurierfahrer eingestellt, nicht speziell für den einzigen Kunden. Das Risiko, dass die Spedition ausschließlich für den einen Kunden tätig ist und daher andere Arbeitsplätze für den Kläger aufgrund des Einsatzverbots nicht zur Verfügung stünden, liege daher für die Dauer der Kündigungsfrist jedenfalls nicht vollständig beim Kläger. Auch deshalb sei der Beklagten das Festhalten am Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten.

 

Dem Kläger war so zumindest noch sein Lohn für die zweiwöchige Kündigungsfrist nachzuzahlen. 

 

 Das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg ist hier nachzulesen.