Auch Müll hat einen Eigentümer

Ein Mitarbeiter, der seit fast 20 Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist, hatte aus einem Müllcontainer auf dem zentralen Abfallsammelplatz des Betriebes eine Schaumstoffmatte entnommen.


Diese hat er dann durch das Werkstor zu seinem Auto getragen, um sie mitzunehmen. Dabei war er von einer Überwachungskamera gefilmt worden. Eine Woche später hielt er dann wegen dieses gravierenden Vergehens die fristlose Kündigung seines Arbeitgebers in den Händen.


Der Arbeitnehmer habe gegen eine betriebliche Arbeitsanweisung verstoßen, wonach auch nicht mehr verwendungsfähiges Material nur mit einem „Materialpassierschein“ mitgenommen dürfe. Eine solche Genehmigung hatte der Mitarbeiter in diesem Fall nicht eingeholt.

Grenzen des Kündigungsrechts

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit als unwirksam angesehen. Zwar könne auch die Mitnahme von wertloser Gegenstände im Eigentum des Arbeitgebers entgegen betrieblicher Anweisung bereits einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen; aber bei jeder Kündigung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.


Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Kläger bereits langjährig im Betrieb beschäftigt gewesen ist, das Arbeitsverhältnis bisher unbeanstandet verlaufen ist, der Kläger nicht heimlich gehandelt hat und kein messbarer Schaden entstanden ist.


Die Entscheidung wurde durch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt, so dass der Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen ist.

Anmerkung der Redaktion:

Auch wenn die Entscheidung in beiden Instanzen zu Gunsten des Klägers ausgefallen ist, zeigen die Urteilsbegründungen wieder einmal, wie Ernst jegliche Vermögensdelikte von den Arbeitsgerichten genommen werden. Selbst wenn es sich dabei um Gegenstände ohne jeden wirtschaftlichen Wert oder wie hier regelrecht um Müll handelt:


Grundsätzlich stellt nach der Rechtsprechung jede nicht ausdrücklich erlaubte Mitnahme (oder auch der Verzehr) von Gegenständen des Arbeitgebers einen potenziellen Grund für eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses dar. Erst im Rahmen der Interessenabwägung wird dann (entsprechend der „Emmely“-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes) geprüft, ob eine Kündigung auch verhältnismäßig ist, das heißt, ob nicht eine Abmahnung als Sanktion ausreichend gewesen wäre.


Die Beurteilung solcher Fälle bleibt daher immer Einzelfallfrage und das Ergebnis ist abhängig von den konkreten Umständen und in erster Linie von der jeweiligen Einstellung der entscheidenden Richter*innen.


Es kann deshalb an dieser Stelle wiederum nur dringend empfohlen werden, sich nicht selbst in eine solche Situation zu bringen. Bei jeglicher (außerdienstlicher) Verwendung von Eigentum des Arbeitgebers, und sei es noch so wertlos, sollte in jedem Fall zuvor eine ausdrückliche Genehmigung eingeholt werden.