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Ein Mitarbeiter war wegen des Verdachts auf eine Infektion mit dem Corona-Virus krankgeschrieben. Er hatte grippeähnliche Symptome. Nachdem er den gelben Schein persönlich beim Bauleiter auf einer Baustelle abgegeben hatte, gab es die Kündigung. Der Vorwurf des Arbeitgebers war laut Kündigungsschreiben eben dieser Sachverhalt.
 

Überraschung im Gütetermin

Das Gewerkschaftsmitglied klagte mit Unterstützung des DGB Rechtsschutzes Detmold gegen die Kündigung.
 
Im Gütetermin beim Arbeitsgericht waren es dann ganz andere Dinge, die der Arbeitgeber zur Sprache brachte. Betriebsbedingte Gründe kamen ins Spiel. Dass weniger zu tun ist als sonst, klingt ja in „Corona-Zeiten“ immer erst mal plausibel. Doch auch verhaltensbedingte Gründe hatte der Arbeitgeber im Gepäck. Gegenüber Arbeitskollegen soll der Kläger sich nicht korrekt verhalten haben, so der erste Vorwurf. Zu guter Letzt warf der Arbeitgeber noch einen vermeintlichen Anspruch auf Schadensersatz in den Ring, den er gegen den Kläger habe. Dieser habe das Firmengelände mit Erdöl verunreinigt.
 

Das Arbeitsverhältnis wird beendet

Letztlich trennten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einvernehmlich voneinander, da beide kein Interesse daran hatten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dafür musste das Unternehmen seinem ehemaligen Mitarbeiter aber die Regelabfindung zugestehen. Diese beträgt einen halben Bruttomonatslohn pro Beschäftigungsjahr.
 
Man kann getrost davon ausgehen, dass sich das beklagte Unternehmen im Falle eines Urteils keine zu großen Chancen ausgerechnet hat. Wer allerhand Gründe für eine Kündigung anbringt, hat manchmal nichts Handfestes zu bieten. Wahrscheinlich wollte man den Mitarbeiter nicht länger beschäftigen, die Verfehlungen reichten aber nicht für eine Kündigung. Da kam die potenzielle Gefährdung der Kollegen grade richtig. Und wenn wegen der Corona-Pandemie weniger zu tun ist, kann man das als Grund für eine Kündigung gleich mit verwerten. 

Das sagen wir dazu:

Was wir am Ende nicht wissen, ist, was das Gericht vom „ursprünglichen“ Kündigungsgrund gehalten hätte. Die Idee, die Krankmeldung trotz eventueller Infizierung persönlich abzugeben, ist zweifelsohne eine schlechte gewesen, die man nicht verstehen kann. Letztlich war der Kläger nicht mit Covid-19 infiziert. Das hätte das Gericht im Falle eines Urteils berücksichtigen müssen.

Kann die Verunsicherung der Belegschaft eine Kündigung rechtfertigen?

Andererseits wusste der Kläger beim Gang zur Baustelle und Plausch mit den Kollegen nicht, ob er infiziert war. Ihm kann allenfalls zu Gute gehalten werden, dass das Ganze schon am 16. März dieses Jahres passierte. An diesem Tag trat das erste Maßnahmenpaket des Landeskabinetts zur Eindämmung des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Das betraf u.a. die Schließung von Schulen und Kitas. Das Thema war also noch recht „frisch“.

Wenn die Belegschaft auf dem Bau verunsichert war, ist das verständlich. Mitte März ist es auf der anderen Seite auch noch nachvollziehbar, wenn der ein oder andere die Corona-Pandemie zunächst nicht ernst genug genommen hat und den Umgang damit noch lernen musste. Heute sähe das vielleicht schon anders aus, wobei zu hoffen ist, dass keiner mehr auf eine solche abstruse Idee kommt. Ob eine Kündigung dann gerechtfertigt wäre, hinge vom Einzelfall ab.