Auch Kontaktverbote lassen Spielraum für persönliche Gespräche mit den Mitarbeitern. Copyright by Adobe Stock/ Menara Grafis
Auch Kontaktverbote lassen Spielraum für persönliche Gespräche mit den Mitarbeitern. Copyright by Adobe Stock/ Menara Grafis

Vielleicht hat das US-Unternehmen Bird, Start-Up für den Verleih von E-Scootern, die Verantwortlichen bei eGym „inspiriert“? Bird wurde 2017 vom ehemaligen Uber-Geschäftsführer Travis Vander Zanden gegründet. Dieser kündigte Ende März 400 Mitarbeitern, indem er eine vorher aufgenommene Ton-Nachricht per Video-Call laufen ließ. Für vier Wochen gibt es noch Lohn und das war es.
 

Unser Arbeitsrecht ist ein Arbeitnehmerschutzrecht

Da das deutsche Arbeitsrecht keine amerikanischen Wild-West-Methoden zulässt, folgte bei eGym der Mitteilung per Video-Call noch eine schriftliche Kündigung an die Betroffenen. Die Arbeitsverhältnisse enden erst mit Ablauf der individuellen Kündigungsfrist, je nachdem, wie lange der Einzelne beschäftigt war.
 
Außerdem haben die Gekündigten die Möglichkeit, sich zu wehren und Kündigungsschutzklage zu erheben. Für eine Klage beim Arbeitsgericht gilt eine Frist von drei Wochen, nachdem das Kündigungsschreiben zugegangen ist.
 

Sind die Kündigungen sozial gerechtfertigt?

Daran darf man erstmal getrost zweifeln. Eine betriebsbedingte Kündigung setzt ein dringendes betriebliches Erfordernis hervor. Die wirtschaftliche Unsicherheit während der Corona-Pandemie allein ist kein Kündigungsgrund. Es müsste zum Zeitpunkt der Kündigung feststehen, dass der Beschäftigungsbedarf entfällt. Die Folgen der Krise sind aber nicht absehbar und „auf Vorrat“ dürfen Arbeitgeber nicht kündigen.
 
Mit der Entscheidung wolle man die verbliebenen Arbeitsplätze sichern, ließ das Unternehmen verlautbaren. Doch auch in Corona-Zeiten muss eine korrekte Sozialauswahl erfolgen.
Wenn nicht alle Mitarbeiter bleiben können, muss der Arbeitgeber schauen, wer sozial besonders schützenswert ist. Das richtet sich nach Dauer der Beschäftigung, Alter und Unterhaltspflichten. Da auch langjährige Mitarbeiter und solche mit Familie eine Kündigung bekommen haben sollen, dürfte die Frage der Sozialauswahl vor Gericht eine Rolle spielen.
 

Corona-Pandemie setzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht außer Kraft

Vom Staat sei keine Hilfe zu erwarten, heißt es von eGym. Eine solche Argumentation wird der Arbeitgeberseite in einem Kündigungsschutzverfahren nichts bringen. Im Gegenteil. Es gibt finanzgewaltige staatliche Hilfspakete für Unternehmen und eine Lockerung der Voraussetzungen für Kurzarbeit. Das Unternehmen hat keine Kurzarbeit eingeführt, die aber als milderes Mittel statt einer Kündigung zur Verfügung stand.

Das sagen wir dazu:

Eine Betriebsversammlung kann zurzeit nicht stattfinden. Es gilt andere Wege der Kommunikation zu nutzen. Soviel ist dem Münchner Unternehmen zuzugestehen. Mehr aber eben auch nicht. Selbst in Krisenzeiten – oder grade in solchen Zeiten – sollte man Rücksicht aufeinander nehmen.

Die gekündigten Mitarbeiter befanden sich im Homeoffice. Sie konnten also noch einer Tätigkeit nachgehen und haben sicher nicht mit einer Kündigung gerechnet. Zumindest nicht so schnell und ohne den Versuch von Kurzarbeit. Und ganz bestimmt nicht auf diese Art und Weise.

Auch Kontaktverbote lassen Spielraum für persönliche Gespräche mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen. Wenn ein Arbeitgeber 25 Prozent seiner Belegschaft per Mail zu einem Video-Meeting einlädt, um dann Allen zu verkünden, dass sie ihre Jobs verlieren, zeugt das nicht nur von schlechter Kinderstube.
Das Verhalten lässt jegliches soziales Gewissen und Fürsorge gegenüber den eigenen Mitarbeitern vermissen. Die unsicheren Zeiten sind nicht nur für Unternehmen schwer. Auch Beschäftigte bangen um ihre Existenz aufgrund einer Krise, die sich nicht verursacht haben, die man aber nur gemeinsam bewältigen kann.

Hoffentlich bleibt ein Negativ-Beispiel wie dieses die absolute Ausnahme!