Bergarbeiter verbrannte sich mit seiner "braunen Kohle" die Finger
Bergarbeiter verbrannte sich mit seiner "braunen Kohle" die Finger

Zu einer mündlichen Verhandlung der dritten Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm kam es letztlich nicht mehr. Nachdem der Kläger zweimal den Termin hat verschieben lassen, erfolgte am 29. August  - zwei Tage vor dem Verhandlungstermin - die Rücknahme der Berufung.
 

Abweisendes Urteil des Arbeitsgerichts Herne rechtskräftig

 
Damit verbleibt es bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne. Die Richter*innen hatten die Klage des Bergbaumechanikers abgewiesen, da sie die fristlose Kündigung für gerechtfertigt halten.
 
Die Kündigung basiert auf einem Vorfall aus Oktober 2015. Der Kläger hatte auf der Facebook-Seite des Fernsehsender n-tv einen Beitrag über einen Brand in einer Thüringer Asylunterkunft mit der Überschrift „Drama in Thüringen: Leiche nach Brand in Asylunterkunft gefunden“ kommentiert mit den Worten: „hoffe das alle verbrennen….die nicht gemeldet sind.“
 

Kommentar auf Facebook-Seite von n-tv über öffentliches Profil

 
In dem er unter Verwendung eines öffentlich zugänglichen Facebook-Profils, in dem die Beklagte in identifizierbarer Weise als Arbeitgeber benannt wurde, einen volksverhetzenden Kommentar auf der Facebook-Seite des Fernsehsenders n-tv veröffentlicht hat, habe der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten verletzt. Dies die Begründung der Arbeitsrichter für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung.
 
Darauf hatte sich auch die Bergbaufirma berufen. Durch seine Äußerung auf der Facebook-Seite von n-tv habe der Mitarbeiter ihren Ruf beschädigt und dadurch in grober Weise gegen seine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen.
 
Der Kläger rechtfertigte sein Verhalten mit einer Zusammenkunft mit mehreren Bekannten und Freunden bei der er reichlich Alkohol zu sich genommen hatte. Zudem habe er zum damaligen Zeitpunkt erhebliche Probleme im Privatbereich gehabt. Ein Nazi sei er nicht.
 

Volksverhetzenden Äußerungen des Klägers hatten Bezug zum Arbeitsverhältnis

 
Ganz entscheidend ist in diesem Fall, dass die Äußerungen des Klägers einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hatten. Denn das ist Voraussetzung, um die in der freien Zeit begangene Straftat als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung heranziehen zu können.
 
Das Arbeitsgericht hatte darauf abgestellt, dass der Kläger in seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil die Beklagte in identifizierbarer Weise als Arbeitgeber benannt hatte (Bergwerke Prosper-Haniel bei Ruhrkohle AG). Das Profil war durch einfache Mausbewegungen vom Kommentar aus aufzurufen. Damit habe der Kläger selbst einen Zusammenhang zwischen der Beklagten und seiner volksverhetzenden Äußerung hergestellt.
 
Diese Verbindung musste das Gericht auch nicht nur vermuten. Durch einen Kommentar eines Nutzers mit einer Anspielung auf „braune Kohle“ war diese nachgewiesen.
 

Anmerkung der Redaktion:

 
Wo bleibt die Meinungsfreiheit? Für diejenigen, die sich diese Frage stellen: Es bleibt zurück hinter der Menschenwürde und dem Recht auf Unversehrtheit des Lebens als höchste Güter. Die Herner Richter gaben erfreulich klar an, dass das Verhalten des Klägers nicht vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt sei, da das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit seine Grenzen in den allgemeinen Gesetzen findet.
 

Verbindung zum Arbeitsverhältnis entscheidend

 
Rechtlich ist hier beachtlich, dass es eine Verbindung zum Arbeitsverhältnis gab. Der Kläger hatte nicht einfach nur für sich privat geäußert, die den Arbeitgeber in der Tat nichts angehen würden. Sondern er hat dies öffentlich gemacht indem er den Bericht von n-tv auf deren Facebook-Seite kommentierte.
Auch das wäre arbeitsrechtlich noch nicht problematisch gewesen, wohl aber seine für jeden sichtbare Angabe seines Arbeitgebers auf seinem Facebook-Profil. Viele Facebook-User schauen sich die Profile von kommentierenden Personen an, sei es nun aus Sympathie oder Antipathie für das Geschriebene.
 
Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger ein Nazi ist oder nicht. Rechtlich entscheidend ist die öffentliche Äußerung, welche den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt und dies in einer Art und Weise, in der sein Verhalten auf die Arbeitgeberin zurückgefallen ist.
 

Facebook ist kein rechtsfreier Raum

 
Grundsätzlich - und unabhängig von jeglicher Wertung der konkreten Äußerung - kann Arbeitnehmer*innen nur geraten werden, aufzupassen, was bei Facebook öffentlich verbreitet wird. Das kann einem zum Verhängnis werden, auch bei nicht strafbaren Äußerungen, zum Beispiel beim Lästern über den Chef oder die Firma. Viele meinen, sie wären in sozialen Netzwerken in einer Art rechtsfreien Raum, was allerdings nicht der Fall ist. Vielmehr ist dies die Öffentlichkeit, zumindest wenn Kommentare für alle sichtbar erfolgen.
 
Mit Wertung der konkreten Äußerung können auch wir nur begrüßen, wenn ein Unternehmen sich konsequent gegen solche menschenverachtende Kommentare seiner Mitarbeiter stellt!
Inwiefern dies aus Überzeugung erfolgte oder um den Imageschaden wieder gut zu machen, wissen wir indes nicht, hoffen aber auf die Überzeugung als Hauptmotivation  - auch für den Kläger, der nach 31 Jahren beanstandungsfreiem Arbeiten fristlos gekündigt wurde. Glück auf!

 

Das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Herne kann bei Justiz NRW nachgelesen werden.

 

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