Betriebsrat Jürgen Emmenegger (links) und Rechtssekretär Hannes Bayer
Betriebsrat Jürgen Emmenegger (links) und Rechtssekretär Hannes Bayer

Der Antragsteller der einstweiligen Verfügung arbeitet seit über sechs Jahren bei der Binderei im bayerischen Kirchheim als Maschinenhilfskraft und wurde zum 30. September letzten Jahres betriebsbedingt entlassen. „Damit der Kollege nicht vor dem Ende des Hauptverfahrens arbeitslos wird“, erklärt Rechtssekretär Hannes Bayer vom Münchener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH, „haben wir zusätzlich zur Kündigungsschutzklage eine einstweilige Verfügung beantragt, die den Weiterbeschäftigungsanspruch sichern sollte.“ Diesem Antrag wurde stattgegeben, so dass der Mitarbeiter einigermaßen beruhigt das Ende des Kündigungsschutzverfahrens abwarten kann. Er ist einer von 25 Kollegen, die entlassen wurden und die alle dasselbe durchlaufen haben: Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung, trotzdem Ausspruch der Kündigung, Kündigungsschutzklage, einstweilige Verfügung.

 

Uneinheitliche Rechtsauffassung

 

„Leider gibt es zum Thema Weiterbeschäftigungsanspruch keine einheitliche Rechtsauffassung“, beklagt Hannes Bayer. Denn nur fünf der einstweiligen Verfügungen wurden anerkannt, die übrigen 20 von einer anderen Kammer abgelehnt. Weitere 60 Verfahren sind in Vorbereitung: „Die Firma will ihre Belegschaft um die Hälfte reduzieren“, weiß Hannes Bayer, der alle Kündigungsschutzverfahren betreut.

Kompliziert ist die arbeitsrechtliche Situation auch dadurch, dass die Firma in viele Gesellschaften aufgeteilt wurde, unter anderem in eine Binderei und eine Druckerei, und diese nun wieder vereint werden sollen. Das gibt dem Betriebsrat allerdings die Chance, die Sozialauswahl des Arbeitgebers bei den Kündigungen anzugreifen: Demnach müssen die Mitarbeiter vergleichbarer Tätigkeiten aller Firmenteile in die Sozialauswahl einbezogen werden. Das hatte die Geschäftsleitung unterlassen. Sozialauswahl fehlerhaft, argumentierte der Betriebsrat in seinem Widerspruch gegen die Kündigungen. Leider folgte das Arbeitsgericht München nur in fünf Fällen dieser Ansicht. Dennoch rät Jürgen Emmenegger, Betriebsratsvorsitzender der Firma, in jedem Kündigungsfall immer alles zu versuchen – auch einstweilige Verfügungen.