Keine rote Karte bei Versetzung ohne Beteiligung des Betriebsrates. Copyright by Dan Race / fotolia
Keine rote Karte bei Versetzung ohne Beteiligung des Betriebsrates. Copyright by Dan Race / fotolia


Dem Kläger war nach mehr als sechsjähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt worden. Nach seinem Arbeitsvertrag arbeitete er als Innenreiniger in Sindelfingen. Der Reinigungsvertrag mit dem Unternehmen lief Ende Oktober 2018 aus.

Die Mitarbeiter erhielten hierüber Anfang Oktober eine Mitteilung. Das Informationsschreiben enthielt außerdem die Information, dass Arbeitsleistungen bis Ende Oktober erbracht werden sollten. Den Beschäftigten wurde empfohlen, sich zu überlegen, wie es ab November für sie weitergehen könne.

Ende Oktober gab es dann eine Informationsveranstaltung, zu der auch der Kläger eingeladen war. Mit der Einladung erfolgte der Hinweis, der Kläger werde zum Arbeitseinsatz für Abwicklungsarbeiten an diesem geänderten Arbeitsort bis auf Weiteres eingesetzt. Grundlage hierfür sei das über Oktober hinaus bestehende Arbeitsverhältnis.

Die Informationsveranstaltung fand nicht am Arbeitsort des Klägers statt. Der Kläger nahm hieran ebenso wie andere Mitarbeiter*innen des Unternehmens nicht teil.

Abmahnung wegen Nichtteilnahme an Mitarbeiterversammlung


Der Arbeitgeber mahnte den Kläger daraufhin ab.

Der Kläger erschien nicht zu den erwähnten Abwicklungsarbeiten. Eine weitere Aufforderung, sich am geänderten Arbeitsort einzufinden, beachtete der Kläger ebenfalls nicht.

Nach Anhörung des Betriebsrates kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Später kam es auch noch zu einer fristgemäßen Kündigung zum Jahresende wegen des gekündigten Reinigungsauftrages. Der Arbeitnehmer wandte sich mit seiner Kündigungsschutzklage lediglich gegen die fristlose Kündigung.

In diesem Verfahren wurde er durch die Rechtsschutzsekretäre*innen der DGB Rechtsschutz GmbH beim Arbeitsgericht Stuttgart erfolgreich vertreten. Das Arbeitsgericht schloss sich der dortigen Argumentation an. Der Behauptung des Arbeitgebers, der Kläger habe beharrlich die Arbeitsleitung verweigert, folgte das Gericht nicht.

Kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung


Arbeitsverhältnisse können aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Er muss dabei alle Umstände des Einzelfalles beachten und ein Interessenabwägung vornehmen.

Das Arbeitsgericht Stuttgart weist in diesem Zusammenhang darauf hin, es müsse ein Grund vorliegen, der normalerweise zur fristlosen Kündigung berechtige. Erst dann könne geprüft werden, ob der konkrete Einzelfall es unzumutbar mache, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Dabei müsse jedoch eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegen.

Kläger hatte seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt


Der Kläger habe nicht gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses liege daher auch nicht vor.

Der Arbeitsort des Klägers war Sindelfingen. So stand es im Arbeitsvertrag. Im Oktober hatte der Kläger zwar eine Mitteilung erhalten, sein Arbeitsverhältnis dauere über den Oktober 2018 hinaus an und er werde für Aufräumarbeiten an einem anderen Ort benötigt.

Eine Versetzungsmitteilung ging ihm jedoch nicht ausdrücklich zu. Es gab allerdings eine Anordnung, die Arbeitsleistung ab November an einem anderen Ort zu erbringen.

Betriebsrat zur Versetzung nicht angehört


Im Unternehmen gab es einen Betriebsrat. Dieser war zur Versetzung jedoch nicht ausdrücklich gehört worden. Eine ohne Anhörung des Betriebsrates vorgenommene Versetzung sei jedoch rechtlich nicht zulässig. Die fehlende Beteiligung des Betriebsrates wirke sich auch auf das individualrechtliche Arbeitsverhältnis aus. Die Versetzung sei damit unwirksam.

Der Kläger war deshalb berechtigt, die Arbeit am anderen Arbeitsort zu verweigern. Die fristlose Kündigung stellte sich als unwirksam heraus. Dem Kläger standen auf Grund dessen auch Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, nämlich bis zum Jahresende zu, auch ohne gearbeitet zu haben.


Hier geht es zum Urteil:

Rechtliche Grundlagen

§§ 95, 99 BetrVG

https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__95.html

https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__99.html