Fußballfans und Hooligans: eine gefährliche Mischung. Copyright by Thaut Images/Adobe Stock
Fußballfans und Hooligans: eine gefährliche Mischung. Copyright by Thaut Images/Adobe Stock

Der C. Fußball Club e.V. hat vor dem Arbeitsgericht Chemnitz in einem Kündigungsschutzverfahren gegen einen Vertragsspieler eine Niederlage erlitten.
 
Dem Kläger, der gleichzeitig Mannschaftskapitän war, wurde vorgeworfen, freundschaftliche Beziehungen zu dem bekannten Rechtsextremen J., Mitglied der ebenfalls als rechtsextrem angesehenen Fangruppe „ C. Kaotik Club“ zu unterhalten.
 
 

Trauerfeier für einen Anhänger der rechtsradikalen Szene

Der Kläger war mit J. zu einem Auswärtsspiel nach Halle gefahren und zeigte sich dort mit ihm demonstrativ auf der Zuschauertribüne. Zuvor hatte der Geschäftsführer des Fußballvereins dem Kläger mitgeteilt, dass er Kontakte zu J. und anderen Mitgliedern des Fanclubs zu unterlassen habe.
 
Man habe, so der beklagte Fußballverein, den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das den Ruf des Fußballvereins schädigen würde und auch mit seiner Position als Mannschaftskapitän nicht vereinbar sei.
 
Zuvor hatte es bereits einen ähnlichen Anlass gegeben. Im Stadion des Fußballvereins fand im September 2018 eine Trauerfeier zu Ehren eines anderen stadtbekannten rechtsradikalen Fanmitglieds statt. Der Kläger hatte bei dieser Gelegenheit demonstrativ ein T-Shirt mit der Aufschrift „ Support your locals hools“ in die Kameras gehalten. Damals habe der Geschäftsführer, so der beklagte Verein, mit dem Kläger gesprochen und ihm mitgeteilt, dass sich solch ein Vorfall nicht mehr ereignen dürfe. Er habe dafür auch eine Abmahnung erhalten.
 

Fußballverein will Signal setzen

Der mittlerweile in Insolvenz gegangene und durch einen Insolvenzverwalter vertretene Fußballverein meinte, zu der Kündigung berechtigt gewesen zu sein. Das sei schon deshalb notwendig gewesen, um nach außen hin ein Signal zu setzen, dass der Verein rechtsradikale und neonazistische Kräfte nicht unterstützt. Der Ruf des Fußballvereins habe ohnehin in der Vergangenheit erheblich gelitten. Die Fanszene in C. sei besonders gewaltbereit und durch öffentliche Ausschreitungen überregional bekannt geworden.
 
Nach Meinung des Klägers trafen die Vorwürfe des Fußballvereins größtenteils nicht zu. Es sei zwar richtig, dass er mit J. zu einem Auswärtsspiel nach Halle gefahren sei. Ihm habe jedoch vorher niemand gesagt, dass er zu ihm keinen Kontakt haben dürfe.
 
Er habe auch nicht gewusst, dass es sich bei J. um einen rechtsextremen Vertreter der Hooliganszene handelt. Den Vorfall anlässlich der Trauerfeier im Stadion in C. habe es zwar gegeben, aber danach habe kein Gespräch mit dem Geschäftsführer stattgefunden, wie der beklagte Verein es behauptet hatte. Eine Abmahnung habe er nie erhalten. Er selbst habe keine rechtsradikale Gesinnung und sich auch nicht entsprechend verhalten.
 

Arbeitsgericht Chemnitz: Kündigungsgrund liegt nicht vor

Das Arbeitsgericht Chemnitz entschied, dass das Verhalten des Klägers nicht ausreichend sei, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei könne man davon ausgehen, dass dem Kläger durchaus bewusst gewesen sei, mit wem er sich auf der Tribüne im Fußballstadion in Halle gezeigt habe.
 
Der beklagte Fußballverein habe nicht beweisen können, dass das Verhalten des Klägers für ihn erhebliche Nachteile gehabt habe. Es habe weder eine negative Berichterstattung in der Presse gegeben, noch hätten beispielsweise Sponsoren ihre Unterstützung zurückgezogen. Den Kläger könne man auch nicht für den schlechten Ruf des Fußballvereins verantwortlich machen, da er bereits vorher geschädigt worden sei.
 
Abgesehen davon habe der Fußballverein auch nicht beweisen können, dass er den Kläger vorher abgemahnt hatte. Der Geschäftsführer des beklagten Fußballvereins hätte den Kläger unmissverständlich klar machen müssen, dass er mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müsse, wenn er Kontakte zu Mitgliedern der rechtsradikalen Szene unterhält. Das habe der Fußballverein aber nicht einmal selbst behauptet.
 

Widersprüchliches Verhalten des Vereinsvorstands

Außerdem, so das Arbeitsgericht, habe sich der Vereinsvorstand selbst nicht eindeutig positioniert. So habe J. trotz Stadionverbot bei einem Auswärtsspiel des Fußballvereins in M. Zutritt zu der Mannschaftskabine erhalten und mit den dortigen Spielern Bier getrunken, obwohl der Geschäftsführer des beklagten Fußballvereins anwesend gewesen sei. Er habe auch die Trauerfeier im Stadion zugelassen.
 
Der Kläger konnte daher nicht unbedingt davon ausgehen, dass er bei Kontakten zur rechten Szene und besonders zu J. mit einer Kündigung zu rechnen habe.
 
Das Gericht hatte seine vorläufige Auffassung bereits in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt und dem Beklagten  nahe gelegt, lieber eine Abfindung zu zahlen, als ein Urteil zu riskieren. Dazu war der Fußballverein aber nicht bereit.
 
Das Ergebnis der Verhandlung: die Kündigung wurde von dem Gericht für unwirksam erklärt, und der  Fußballverein wurde verurteilt, den Kläger weiter zu beschäftigen.
 
 
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Das sagen wir dazu:

Es ist nicht so einfach, einen Arbeitnehmer außerordentlich fristlos zu kündigen. Der Arbeitgeber braucht dazu zunächst einen Kündigungsgrund: Er muss das Gericht davon überzeugen, dass es für ihn unzumutbar ist, den Arbeitnehmer wegen dessen Verhaltens auch nur einen Tag weiter zu beschäftigen. Als ersten Schritt muss er darlegen und auch beweisen können, dass ihm andernfalls erhebliche wirtschaftliche oder auch sonstige Nachteile drohen, die existenzgefährdend sind.

Hohe Hürden für fristlose Kündigung

In einem zweiten Schritt muss das Gericht die persönlichen Aspekte des Einzelfalls berücksichtigen und gegeneinander abwägen. So muss sich ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer, der über eine lange Betriebszugehörigkeit verfügt, mehr gefallen lassen, als von einem Arbeitnehmer, der erst kurze Zeit beschäftigt ist. In diesem Rahmen wird auch überprüft, ob der Arbeitnehmer für sein Verhalten einen Rechtfertigungsgrund vorweisen kann. Die Beweislast dafür, dass ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegt, trägt immer derjenige, der die Kündigung ausspricht.

Das Arbeitsgericht hat in diesem Verfahren den Kündigungsgrund bereits auf der ersten Stufe scheitern lassen. Der beklagte Fußballverein konnte seiner Ansicht nicht nachweisen, dass ihm durch das Verhalten des Klägers ein erheblicher Nachteil entstanden ist. Darüber kann man trefflich streiten. Es war gerichtsbekannt, dass der Fußballverein große Probleme mit Teilen seiner Anhängerschaft hat, die man nur als rechtsradikale Hooligans bezeichnet kann und die bundesweit für Schlagzeilen gesorgt haben. Da kann man von einem Spieler, der immerhin Kapitän ist und damit auch eine gewisse Vorbildfunktion hat, verlangen, dass er Abstand von rechtsradikalen Mitgliedern dieser Fangemeinde hält. Hieran hat sich der Spieler nicht gehalten, obwohl er von der Vereinsleitung mehrmals darauf hingewiesen worden ist.

In einem Punkt hat das Gericht jedoch recht. Auch wenn ein Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das den Arbeitgeber grundsätzlich berechtigen könnte, eine Kündigung auszusprechen, muss er vorher abgemahnt worden sein. Mit anderen Worten: der Arbeitgeber muss ein bestimmtes Verhalten beanstanden und unmissverständlich darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt, wenn er sich weiterhin so verhält. Das hat im vorliegenden Fall die Vereinsführung versäumt – oder sie konnte es nicht beweisen.
So lobenswert auch die Absicht des Fußballvereins ist, sich von rechtsradikalen Kräften abzugrenzen: Auf diese Weise kann es nicht funktionieren.

Inzwischen hat sich das Problem für den Fußballverein erledigt: er hat sich mit dem Kläger außergerichtlich geeinigt.

Rechtliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB)

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen