Jenseits des Direktionsrechts bedarf es zur Änderung von Arbeitsbedingungen einer Änderungskündigung. Bei Annahme unter Vorbehalt droht kein Jobverlust. Copyright by  Africa Studio/Fotolia
Jenseits des Direktionsrechts bedarf es zur Änderung von Arbeitsbedingungen einer Änderungskündigung. Bei Annahme unter Vorbehalt droht kein Jobverlust. Copyright by Africa Studio/Fotolia

Mit einer Kündigung können sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis beenden. Im Unterschied zur Beendigungskündigung, die  - leider  - zum Alltag vor den Arbeitsgerichten gehört, zielt die Änderungskündigung aber nicht darauf ab, den Arbeitnehmer nicht mehr weiterzubeschäftigen.
 

Vertragsänderung stets möglich

Das Arbeitsverhältnis ist ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis. Deshalb kann sich aufgrund veränderter Gegebenheiten für einen Vertragspartner ein Bedürfnis ergeben, den Arbeitsvertrag ändern zu wollen.
 
Aus dem vereinbarten Tätigkeitsfeld ergibt sich für den Arbeitgeber das Direktionsrecht. Mit Ausübung des Direktionsrechts konkretisiert der Arbeitgeber die von ihm gegenüber dem Arbeitnehmer geforderte Arbeitsleistung. Gesetzlich normiert ist das Direktionsrecht in § 106 GewO. Nach dieser Norm kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Die Entscheidung hat er nach „billigem Ermessen“ zu treffen. Den Rahmen für das Direktionsrecht bildet der Arbeitsvertrag. Ferner können sich gegebenenfalls aus einer Betriebsvereinbarung, einem anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzlichen Vorschriften Grenzen ergeben.
 
Betont werden muss zunächst, dass eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages stets möglich ist. Der Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer jederzeit eine den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung, einen Änderungsvertrag, zur Unterschrift vorlegen.
Möchte der Arbeitnehmer eine Änderung seines Arbeitsvertrages nicht, braucht er aufgrund der Vertragsfreiheit einen solchen Änderungsantrag nicht zu unterschreiben.
 

Arbeitgeber möchte Änderung durchsetzen

Möchte der Arbeitgeber die von ihm gewünschte Änderung des Arbeitsvertrages trotz der fehlenden Bereitschaft auf Seiten des Arbeitnehmers durchsetzen, muss er den bestehenden Arbeitsvertrag kündigen.
Im Gegensatz zur „klassischen“ Beendigungskündigung verfolgt der Arbeitgeber im Falle der Änderungskündigung jedoch gerade nicht das Ziel, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer grundsätzlich zu beenden. Er soll durchaus weiterhin arbeiten, jedoch in anderer Art und Weise.
Ist im Arbeitsvertrag etwa als Arbeitsort explizit beispielsweise „Frankfurt am Main“ vereinbart, kann der Arbeitnehmer eine Weisung seines Arbeitgebers, nach welcher er in Offenbach arbeiten soll, ablehnen. Hier ist die Weisung bereits nicht von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung gedeckt. Es kommt hier nicht darauf an, ob die Weisung „billigem Ermessen“ entspricht.
 
Die Änderungskündigung hat zwei Elemente:
Die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses und dass Änderungsangebot im Hinblick auf das neue Arbeitsverhältnis.
Auch die Änderungskündigung bedarf  - wie die normale Beendigungskündigung  - der Schriftform. Eine nur mündlich vom Arbeitgeber erklärte Änderungskündigung ist also unwirksam.
 
Außerdem muss der Arbeitgeber das Änderungsangebot hinreichend bestimmt formulieren. Der Arbeitnehmer muss das Angebot mit einem einfachen „Ja“ annehmen können
 

Konsequenzen einer Änderungskündigung

Der Arbeitnehmer kann eine Änderungskündigung natürlich von vornherein akzeptieren.
Das alte Arbeitsverhältnis endet. Es wird sodann zu den neuen Bedingungen fortgeführt.
Allerdings muss ein Arbeitnehmer sich die vom Arbeitgeber gewünschte, - wohl gemerkt einseitig gewünschte - Vertragsänderung nicht ohne weiteres gefallen lassen:
Mit dem Kündigungsschutzgesetz verfolgt der Gesetzgeber nicht nur das Ziel, Arbeitnehmer vor einer sozial nicht gerechtfertigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu schützen. Vielmehr bezweckt das Kündigungsschutzgesetz auch den Schutz der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen. Nicht nur die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit, sondern auch die Art und Weise der Arbeitsaufgabe sind Ausdruck der persönlichen Entfaltung eines Arbeitnehmers. Zudem hatte sich der Arbeitnehmer einstmals vertraglich auf die bisherige Tätigkeit eingelassen  - Verträge sind grundsätzlich eizuhalten!
Arbeitsverhältnisse sollen mithin von Seiten des Arbeitgebers nicht einseitig beliebig verändert, gar verschlechtert werden können.
 
Auch die Änderungskündigung bedarf  - sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist  - einer sozialen Rechtfertigung.
Hält sich das Änderungsangebot im Rahmen des bestehenden Weisungsrechts, ist die vom Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung letztlich überflüssig. Dies hat zur Folge, dass die vom Arbeitnehmer erhobene Änderungsschutzklage begründet ist. Es liegt keine Änderung der Arbeitsbedingungen vor.
 
Früher konnten Arbeitnehmer eine Änderungskündigung nur mit der „normalen“ Kündigungsschutzklage angreifen. Der Arbeitnehmer musste das Risiko in Kauf nehmen, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt war.
Nach der heutigen Gesetzeslage ist die Begrenzung des Rechtsstreits auf die vom Arbeitgeber angedachte Änderung der Arbeitsbedingungen möglich.
 

Annahme unter Vorbehalt

Gemäß § 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) kann ein Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers auf Änderung der Vertragsbedingungen annehmen. Dies unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.
 
Die Folge ist, dass das Arbeitsverhältnis zunächst zu den geänderten Arbeitsbedingungen fortbesteht. Stellt das Arbeitsgericht jedoch auf die Klage des Arbeitnehmers hin fest, dass die Änderung sozial nicht gerechtfertigt ist, gilt die Änderungskündigung als von Anfang an unwirksam.
Das Arbeitsverhältnis wird dann zu den ursprünglichen Bedingungen fortgesetzt. Für die Vergangenheit muss der Arbeitgeber etwaige Verdienstdifferenzen des Arbeitnehmers ausgleichen, also den Arbeitnehmer finanziell so stellen, als hätte dieser nie zu den veränderten Bedingungen gearbeitet.
 

Achtung! Fristen!

Ebenso wie bei der „normalen“ Kündigungsschutzklage, muss der Arbeitnehmer rechtzeitig innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung die Änderungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben.
Versäumte Arbeitnehmer diese Frist, erlischt der Vorbehalt und das Arbeitsverhältnis besteht unter den geänderten Bedingungen fort.
Der Vorbehalt, also die vorläufige Annahme der Änderung, muss grundsätzlich innerhalb der für die Änderungskündigung gültigen Kündigungsfrist erklärt werden. Ist diese Frist länger als drei Wochen, gilt die Frist für die Klageerhebung, also drei Wochen. Andernfalls würde die erläuterte gesetzliche Fiktion eintreten: Die Kündigung würde durch gesetzliche Fiktion wirksam.  
 
Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht fristgerecht zumindest unter Vorbehalt angenommen, kann er die Kündigung nur noch im Rahmen der Kündigungsschutzklage angreifen, sofern die Frist zur Klageerhebung  - drei Wochen ab Zugang der Kündigung  - noch nicht verstrichen ist.
In diesem Fall steht allerdings der Arbeitsplatz als solcher auf dem Spiel. Ist die Kündigung sozial gerechtfertigt, steht fest, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet wurde.
Immerhin besteht im Rahmen des „normalen“ Kündigungsschutzprozesses grundsätzlich die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.
 

Soziale Rechtfertigung

Meist ist Hintergrund einer Änderungskündigung ein betrieblicher Belang. Die Änderungskündigung kann aber auch wegen dem Verhalten des Arbeitnehmers oder aus Gründen in seiner Person erklärt werden.
Sozial gerechtfertigt ist die Änderungskündigung im ersten Fall, wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die unter Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der erstrebten Änderung und des Interesses des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung seiner bisherigen Tätigkeit die Änderung als im Ergebnis billigendswert und angemessen erscheinen lassen.
Auch im Rahmen einer betriebsbedingten Änderungskündigung muss der Arbeitgeber gegebenenfalls eine soziale Auswahl treffen. Maßgebliche Kriterien sind auch hier Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und das Vorliegen einer Schwerbehinderung.
 
Was also tun, wenn man eine Änderungskündigung bekommen hat?
Wegen der Fristenproblematik ist die Antwort im Grunde ganz einfach:
Sofort Rechtsrat suchen! Gleiches gilt im Übrigen, wenn der Arbeitgeber einen Änderungsvertrag vorlegt.
 
Änderungskündigungen werden von Arbeitgebern gerne genutzt um Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer negativ zu verändern. Ein häufiges Beispiel ist der im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitsort. Ist hier etwa nur eine Stadt genannt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht woanders einsetzen. Selbst wenn im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens am Ende die Änderungskündigung als sozial gerechtfertigt angesehen wird, wird der Arbeitnehmer immerhin noch im Rahmen des Direktionsrechtes geschützt. Die Ausübung des Direktionsrechtes im Einzelfall muss auch dann noch „billigem Ermessen“ entsprechen.
 
Mitgliedern einer DGB-Gewerkschaft stehen die Türen der Büros der DGB Rechtsschutz GmbH offen.
Je früher Rechtsrat eingeholt wird, desto schneller kann eine Prozessstrategie erarbeitet werden.

Rechtliche Grundlagen

§ 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

§ 2 Änderungskündigung
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.