Angestellte der griechischen Schule in Nürnberg sind nicht von Sparpaket betroffen.
Angestellte der griechischen Schule in Nürnberg sind nicht von Sparpaket betroffen.


Das Bundesarbeitsgericht hat den Klagen von mehreren Angestellten der griechischen Schule in Nürnberg stattgegeben. Der Arbeitgeber hatte einen erheblichen Anteil ihres Lohnes einbehalten und sich dabei auf die Vorgaben des Sparpakets berufen. Zwei der Kläger sind Mitglied der GEW.
 

Griechenland betreibt Privatschule in Nürnberg

 
Wie ihre Kollegen waren sie als Lehrer bei der griechischen Schule beschäftigt. Bei der griechischen Schule handelt es sich um eine Privatschule. Das Recht, Privatschulen zu gründen ist im Grundgesetz festgeschrieben.
 
Die Genehmigung, die Schule zu betreiben, hatte die Regierung von Mittelfranken im Jahre 1978 erteilt, sie übt auch die Schulaufsicht aus. Der Unterricht findet nach Lehrplänen des Freistaats Bayern statt, auch die Schulbücher entsprechen den bayerischen Vorgaben.
 
Zwar sind einige Lehrer Griechen, aber einer der vom DGB Rechtsschutz Nürnberg vertretene Kläger spricht kein griechisch. Er hält seinen Unterricht in Mathematik und Erdkunde in deutscher Sprache, auch die Zeugnisse erteilt er in Deutsch.
 

Lohnabzug wegen Sparpaket

 
Seit November 2010 zog der Arbeitgeber, die Republik Griechenland als Schulträger, den Lehrern jeden Monat einen erheblichen Anteil vom Lohn ab, im einen Fall etwa 500 €. Zur Begründung verwies der Arbeitgeber auf die Sparbeschlüsse.
 
Diese waren seinerzeit auf Druck der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds durchgesetzt worden, um so weitere Hilfe bei der Bekämpfung der Staatsschulden zu erhalten. Gemeinsam mit ihren Kollegen klagten die GEW-Mitglieder den vorenthaltenen Lohn ein.
 
Der Arbeitgeber verwies im Prozess auf seine Staatenimmunität, wonach Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen seien. Im Übrigen sei der Abzug rechtmäßig, weil die Spargesetze einen solchen Abzug festgelegt hätten.
 

Klagen gegen Staaten?

 
Das Bundesarbeitsgericht hat die Revisionen des Arbeitgebers jetzt im Wesentlichen zurückgewiesen, nachdem es die Sache zwischenzeitlich dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hatte. Die Republik Griechenland könne sich nicht auf ihre Staatenimmunität berufen.
 
Auch der Abzug sei nicht berechtigt gewesen: Die griechischen Spargesetze seien zwar als tatsächlicher Umstand bei der Auslegung deutschen Rechts zu berücksichtigen. Grundsätzlich aber gelte deutsches Arbeitsrecht.
 
Und hier gebe es, so das Bundesarbeitsgericht sehr deutlich, „keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, aus Rücksicht auf die finanzielle Lage des Arbeitgebers dauerhafte Gehaltskürzungen ohne eine wirksame Vertragsänderung hinzunehmen.“
 
Dementsprechend können sich die Kläger auf eine erhebliche Nachzahlung freuen. Bei Forderungen von 500 € im Monat kommen hier schnell größere fünfstellige Summen zusammen. Die Verzinsung mit fünf Prozent mag etwas über den langen und nervenzehrenden Prozess hinwegtrösten.


Links


Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

Urteil des Europäischen Gerichtshof

Das sagen wir dazu:

Der Streit um Vergütung bei der griechischen Schule in Nürnberg lässt erkennbar werden, warum die Sparvorgaben der EU in Griechenland seinerzeit für derartige Proteste und zum Sturz der Regierung geführt haben.
 

Kein Anlass zur Überheblichkeit gegenüber griechischer Bevölkerung

 
In Deutschland sind diese Proteste immer mit einer gewissen Häme begleitet worden, besonders die Medien berichteten oft überheblich über die „Pleite-Griechen“, die nicht mit Geld umgehen könnten und nun halt ihre „Hausaufgaben“ machen müssten.
 
Anders als im jetzt entschiedenen Fall war aber nicht nur eine kleine Gruppe von Lehrern betroffen, sondern die ganze Bevölkerung. Darunter auch viele Menschen, die die Spargesetze an den Rand ihrer Existenz gebracht haben.
 
Hier mag sich jeder selbst fragen, wie er reagieren würde, wenn ihm von einem Tag auf den anderen 500 € vom Lohn abgezogen würden, und das jeden Monat! Wohl die wenigsten würden das auf sich sitzen lassen.
 

Argumente der Gegenseite nicht überzeugend

 
Rechtlich allerdings war die Argumentation des Arbeitgebers zunehmend dünner geworden: Mit dem Argument der Staatenimmunität hatte die Prozessvertretung des Arbeitgebers zwar noch am Arbeitsgericht Nürnberg punkten können, aber schon am Landesarbeitsgericht war deutlich geworden, wie wenig überzeugend dies letztlich ist.
 
Denn die Staatenimmunität gilt nur für hoheitliches Handeln, etwa durch Konsulate und Botschaften. Die Schule wurde aber gerade nicht als Schule der Republik Griechenland geführt, sondern als Privatschule nach den Regeln des Freistaats Bayern, vergleichbar etwa einer Waldorfschule.
 
Zur Frage, ob ein einseitiger Lohnabzug entgegen den Regeln des deutschen Arbeitsrechts in diesem Fall möglich ist, hatte das Bundesarbeitsgericht zwischenzeitlich den Europäischen Gerichtshof angerufen. Dieser hatte im Vorlageverfahren bereits entschieden, dass dies nicht möglich ist, so dass die Entscheidung an dieser Stelle auch nicht mehr überraschend war.

Rechtliche Grundlagen

Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz

Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.