Ein zusätzlicher Mutterschaftsurlaub stellt auf die Folgen der Schwangerschaft und die Mutterschaft ab. Copyright by Adobe Stock/Maria Sbytova
Ein zusätzlicher Mutterschaftsurlaub stellt auf die Folgen der Schwangerschaft und die Mutterschaft ab. Copyright by Adobe Stock/Maria Sbytova

Der Tarifvertrag, der den Weg zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Luxemburg fand, kommt aus Frankreich. Er gilt für das Personal der Sozialversicherungsträger. Ein französisches Arbeitsgericht wusste nicht, wie es mit der Klage eines Vaters umgehen sollte. Dieser verlangte tariflichen Urlaub, der sich an den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub anschließt. 
 

Der Vater erzieht sein Kind selbst

Der Tarifvertrag sieht zusätzlichen Urlaub für Arbeitnehmerinnen vor, die ihre Kinder selbst erziehen. Konkret besteht Anspruch auf einen dreimonatigen Urlaub bei halber Bezahlung oder einen eineinhalbmonatigen Urlaub bei voller Bezahlung. Möglich ist zudem ein einjähriger unbezahlter Urlaub.  
Der Vater fühlte sich diskriminiert, als sein Arbeitgeber sich weigerte, diesen besonderen Urlaub zu gewähren.
 
Ein nachvollziehbares Gefühl. Denn der Tarifvertrag schafft eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Frage ist, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist.
 

Ein Vater ist keine Mutter

Soviel steht fest. Und Mutterschaft bedeutet „das Muttersein“. Doch sollte man deshalb nicht zu schnell urteilen. Denn auch die Gemeinsamkeit ist schnell gefunden: Väter und Mütter sind Eltern.
 
Worauf kommt es also an? Darauf, welchem Zweck der zusätzliche Urlaub dient. Deshalb stellt der EuGH auch klar, dass der im Tarifvertrag nur für Frauen vorgesehene Urlaub diskriminierend sei, würde er auf die Eigenschaft als Elternteil abstellen.
 

Ein Mitgliedstaat kann nur der Mutter des Kindes einen zusätzlichen Urlaub gewähren

Das ist nach dem EuGH dann rechtens, wenn der im Tarifvertrag für Mütter vorgesehene Urlaubsanspruch auf die Folgen der Schwangerschaft und die Mutterschaft abstellt. Ein solcher zusätzliche Urlaub müsse dazu dienen, den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau sowie der besonderen Beziehung der Mutter zu ihrem Kind in der Zeit nach der Entbindung zu gewährleisten.
 
In dem Sinne hatte ein französisches Gericht in anderer Sache den fraglichen Urlaub bereits als zusätzlichen Mutterschaftsurlaub eingeordnet.
 

Bezweckt der Urlaub im Wesentlichen den Schutz der Mutter?

Das französische Arbeitsgericht, das den EuGH angerufen hatte, muss nun die Frage beantworten, welchem Zweck der Extra-Urlaub dient. Hier kann es sich die Entscheidung leicht machen.
Es könnte aber auch genau hinschauen. Soweit es die bis zu drei Monate nach Ende des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs betrifft, so ist der Zeitraum stimmig für einen Ausgleich der Folgen der Schwangerschaft und der Geburt. Bei dem Anspruch auf unbezahlten Urlaub für ein ganzes Jahr, wird es schwieriger. Hier kann man sich schon fragen, ob der Urlaub nicht (auch) dazu dienen soll, als Elternteil Zeit für die Erziehung und Aufbau einer Bindung zum Kind zu haben.
 
Übrigens hat aktuell ein Vater in Frankreich nur Anspruch auf insgesamt 14 Tage Vaterschaftsurlaub. Ab dem 1. Juli 2021 wird der Vaterschaftsurlaub 28 Tage betragen.
 
 
LINKS:
Link zur Pressemitteilung Nr. 139/20 aus Luxemburg vom 18. November 2020

Elternurlaub in Griechenland diskriminiert Väter

Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen