Kein Anspruch auf Entschädigungszahlung wegen Altersdiskriminierung durch Nichtbeteiligung an Konzept „60+“
Kein Anspruch auf Entschädigungszahlung wegen Altersdiskriminierung durch Nichtbeteiligung an Konzept „60+“

Der Kläger war im Oktober 1952 geboren und in der Zeit von August 1985 bis Oktober 2012 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Verkaufsleiter PKW. In dieser Funktion gehörte er dem Kreis der leitenden Führungskräfte an. 

 

Aufhebungsvertrag zum Oktober 2012

 

Ursprünglich hatten die Parteien im Arbeitsvertrag eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers vereinbart.

 

Im Jahr 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger das Angebot, das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 60. Lebensjahres gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Dieses Angebot stand im Zusammenhang mit dem Konzept „60+“ für leitende Führungskräfte.

 

Der Kläger nahm das Angebot im Dezember 2005 an und schied dementsprechend mit Ablauf des 31. Oktober 2012 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 123.120 € aus dem Arbeitsverhältnis aus.

 

Neues Personalkonzept im Jahre 2012

 

Im selben Jahr führte die Beklagte das neue Konzept „62+“ ein, dass das ursprüngliche Konzept „60+“ ablöste. Alle leitenden Führungskräfte, die einen Vertrag auf der Grundlage dieses Konzepts „60+“ hatten und im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendeten, erhielten das Angebot, ab November 2012 einen Vertrag auf der Grundlage des neuen Konzepts abzuschließen.

 

Dem Kläger wurde ein solcher Vertrag nicht angeboten. Er sah sich benachteiligt sowohl durch die Befristung des Arbeitsvertrages auf das 60 Lebensjahr, also auch dadurch, dass ihm eine neue Vereinbarung nicht angeboten worden war. Es liege eine Diskriminierung aufgrund seines Alters vor.

 

Er verlangte zum einen den Ersatz des Schadens, der durch das vorzeitige Ausscheiden entstanden ist, zum anderen eine Entschädigung wegen der Diskriminierung.

 

Bundesarbeitsgericht lehnt Entschädigung wegen Diskriminierung ab

 

Mit seiner Klage scheiterte der Kläger in allen Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht lehnte einen Anspruch auf Entschädigung mit deutlichen Worten ab.

 

Eine Diskriminierung beim Abschluss des Aufhebungsvertrages mit Ablauf des 60. Lebensjahrs bestehe schon deshalb nicht, weil er nicht schlechter gestellt worden sei. Er habe vielmehr eine zusätzliche Möglichkeit erhalten, wobei es ihm frei stand, ob er hiervon Gebrauch macht.

 

Auch war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, ihn an dem neuen Konzept „62+“ zu beteiligen. Er sei insofern nicht mit seinen Kollegen vergleichbar, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden war.

 

Anmerkung: Verzockt

 

Es fällt in der Tat schwer, in dem geschilderten Fall eine Diskriminierung zu sehen. Das Angebot, an einem Freiwilligenprogramm teilzunehmen, ist lediglich eine Handlungsoption, die niemand nutzen muss. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber ihn sowieso nicht mehr berücksichtigen.

 

Letztlich bestand die gefühlte Schlechterstellung des Klägers darin, dass er noch an dem für ihn lukrativeren Programm hätte teilnehmen können, wenn er nicht zuvor aufgrund des ersten Vertrages ausgeschieden wäre.

 

Er hatte die Chance genutzt, das Arbeitsverhältnis frühzeitig gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden und damit die Chance vertan, dass ihm vor dem Ausscheiden ein noch lukrativeres Angebot gemacht wird. Dies ist aber keine Diskriminierung durch den Arbeitgeber, sondern schlicht eine Abwägung der eigenen Chancen und Risiken. Wenn sich der Kläger hier verzockt hat, trägt er hierfür auch die alleinige Verantwortung.

 

Pressemitteilung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 8 AZR 677/14

 

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