Unser Arbeitgeber macht alles richtig bei der Vergütung von Betriebsräten. Copyright by Adobe Stock/Antonioguillem
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Soweit im Folgenden von „Betriebsrat“ oder „Betriebsräte“ die Rede ist, sind selbstverständlich auch ihre Kolleginnen gemeint.
 

Grundprinzipien der Vergütung von Betriebsräten

Grundprinzipien der Vergütung von Betriebsräten sind

  • das Ehrenamtsprinzip
  • das Lohnausfallprinzip und
  • das Prinzip des Verbots von Bevor- oder Benachteiligung.

Die Probleme bei der Vergütung von Betriebsräten kann nur lösen, wer das Zusammenspiel dieser drei Prinzipien beachtet.

Das Ehrenamtsprinzip

Das Betriebsverfassungsgesetz schreibt vor:
 „Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.“

Das Lohnausfallprinzip

Das Ehrenamtsprinzip für sich allein führte dazu, dass Betriebsräte für Betriebsratstätigkeiten keine Vergütung bekämen. Denn sie gehen während dieser Zeit ihrer sonstigen bezahlten Tätigkeit nicht nach. Das hätte zur Folge, dass wegen einschneidender wirtschaftlicher Nachteile wohl niemand bereit wäre, ein Amt als Betriebsrat auszuüben.
Deshalb stellt das Betriebsverfassungsgesetz klar, dass das Lohnausfallprinzip gilt:
 „Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.“
Dieses Prinzip sorgt dafür, dass Betriebsräte für die Zeit ihrer Betriebsratstätigkeit so zu stellen sind, als ob sie gearbeitet hätten. Zu bezahlen sind also neben der Normal-Vergütung auch Zulagen für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Akkord und Sonntagsarbeit, außerdem Erschwernis- und Schmutzzulagen. Ebenso zu gewähren sind Prämien, Gratifikationen und Pauschalvergütungen.
Hätte der Betriebsrat Überstunden zu leisten gehabt, wenn er nicht Betriebsrat wäre, kann er die Vergütung dafür verlangen.
 
Voraussetzung für jede Vergütung ist aber, dass es sich um Tätigkeiten handelt, die zu den Amtspflichten eines Betriebsrats gehören. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betriebsrat die Aufgaben innerhalb oder außerhalb des Betriebes erledigt. So gehört etwa auch der Besuch bei Jurist*innen der DGB Rechtsschutz GmbH oder ein Termin beim Arbeitsgericht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrates.
Weiter ist Bedingung, dass die Arbeitsbefreiung für die Tätigkeit als Betriebsrat erforderlich ist. Dabei reicht es aus, wenn der Betriebsrat das Versäumen der Arbeit bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände für erforderlich halten durfte.
Soweit es sich um eine erforderliche Erledigung von Amtspflichten handelt,
ist eine Zustimmung des Arbeitgebers nicht erforderlich.
 
Erfolgt erforderliche Betriebsratsarbeit außerhalb der regulären Arbeitszeit, kann der Betriebsrat bezahlte Freistellung von seiner normalen Arbeitszeit verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass ihm „normales Arbeiten“ unmöglich oder unzumutbar wäre. Das ist etwa der Fall, wenn ein Betriebsrat, der normalerweise in Nachtschicht arbeitet, an einer ganztägigen Betriebsratssitzung teilnimmt.
 

Das Prinzip des Verbots von Bevor- oder Benachteiligung

Auch dieses Prinzip regelt das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich:
 „ Die Mitglieder des Betriebsrats . . . dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden . . .“
Eine Bevor- oder Benachteiligung liegt immer vor, wenn ein Betriebsrat objektiv besser oder schlechter gestellt ist als Arbeitnehmer*innen, die nicht Mitglied des Betriebsrates sind. Eine besondere Bevor- oder
Benachteiligungsabsicht des Arbeitgebers ist nicht erforderlich.
 
Das Verbot gilt unbegrenzt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Denn es könnte die Tätigkeit eines Betriebsrat maßgeblich beeinflussen, hätte er zu befürchten, dass der Arbeitgeber ihn nach dem Ende seiner Amtszeit sanktioniert.
Eine Bevorteilung liegt nicht vor, wenn sie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Beispiele hierfür sind etwa der besondere Kündigungsschutz, die Arbeitsbefreiung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen sowie die Kostenübernahme dafür durch den Arbeitgeber.
Nach dem Bundesarbeitsgericht ist es ebenfalls unproblematisch, wenn der Arbeitgeber einem Betriebsrat in einem Abfindungsvergleich nur sehr günstige Konditionen gewährt, weil nur eine außerordentliche Kündigung möglich wäre.

Entgeltentwicklung des Betriebsratsmitglieds

Im Betriebsverfassungsgesetz heißt es dazu:
„Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung.“
Liegt Vergleichbarkeit vor, ist der Betriebsrat so behandeln, als ob er diese Entwicklung ebenfalls durchlaufen hätte, obwohl er sie tatsächlich nicht durchlaufen hat, weil er Betriebsrat ist.
Damit er seine Ansprüche auch durchsetzen kann, gewährt die Rechtsprechung dem Betriebsrat einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft über die Gehaltsentwicklung der vergleichbaren Arbeitnehmer.

Vergleichbare Arbeitnehmer

Für die Ermittlung der beruflichen Perspektive von Betriebsräten hätte der Gesetzgeber darauf abstellen können, welchen Verlauf ihre Entwicklung hypothetisch genommen hätte, wenn sie nicht Betriebsrat geworden wären. Aber das Betriebsverfassungsgesetz geht einen anderen Weg. Es stellt darauf ab, welche betriebsübliche Entwicklung vergleichbare Arbeitnehmer tatsächlich genommen haben. Ist nur ein vergleichbarer Arbeitnehmer vorhanden, ist auf diesen abzustellen.
Welche Arbeitnehmer vergleichbar sind, hat die Rechtsprechung konkretisiert. Danach sind für die Vergleichbarkeit Voraussetzung:

  • eine vergleichbare fachliche und persönliche Qualifikation und
  • eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit.

 

Vergleichbare fachliche und persönliche Qualifikation

Relativ unproblematisch ist die fachliche Qualifikation. Sie lässt sich leicht durch Aus- und Weiterbildungszeugnisse sowie durch den beruflichen Werdegang und die damit verbundene Berufserfahrung ermitteln.
Schwieriger wird es bei der persönlichen Qualifikation. Es kommen unterschiedlichste Aspekte wie etwa Team- und Kommunikationsfähigkeit, Belastbarkeit, Urteils- und Ausdrucksfähigkeit oder Umgangsformen in Betracht. Zu beachten ist aber immer, dass nur persönliche Qualifikationen eine Rolle spielen können, die für die konkrete Tätigkeit relevant sind. So ist also beispielsweise nicht auf die Sprachkompetenz abzustellen, wenn es um eine Arbeit an einem Montageband geht.

Im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit

Einigkeit herrscht darüber, dass die Tätigkeiten des Betriebsrats und der vergleichbaren Person nicht identisch sein müssen. Und unproblematisch ist auch, dass Vergleichbarkeit vorliegt, wenn die beiden Personen wechselseitig austauschbar sind. Im Übrigen ist die Tätigkeit gleich qualifiziert, wenn sich  - so das Landesarbeitsgericht Hamburg  - Struktur, Schwierigkeit sowie Umfang der Arbeitsaufgabe und Maß der Verantwortung bei beiden Tätigkeiten entsprechen.

Betriebsübliche Entwicklung

Eine berufliche Entwicklung kann beispielsweise in einer Beförderung bestehen. Auch eine Entgelterhöhung aufgrund einer betrieblichen Fortbildungsmaßnahme kann eine berufliche Entwicklung darstellen.
Es kann aber auch nur eine Erhöhung des Tariflohns gemeint sein. Wer vor seiner Wahl zum Betriebsrat weniger verdient als vergleichbare Kolleg*innen, hat nach der Wahl keinen Anspruch auf Angleichung. Lediglich die (geringere) Grundvergütung ist prozentual gleich zu erhöhen.
 
Wichtig für alle Formen der betrieblichen Entwicklung ist jedoch, dass sie betriebsüblich ist. Wann das der Fall ist, zeigen zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Dort heißt es zu einem:
 „die berufliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer muss sich nach den Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten des Betriebs als derart typisch erweisen, dass in der Mehrzahl vergleichbarer Karriereverläufe mit einer jeweiligen Entwicklung gerechnet werden kann.“
In einer weiteren Entscheidung stellt das Gericht zum anderen fest, dass ein beruflicher Aufstieg betriebsüblich ist,
„. . . wenn nach den betrieblichen Gepflogenheiten dem Betriebsratsmitglied  die höherwertige Tätigkeit hätte übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht.“
Damit ist klargestellt, dass die berufliche Entwicklung eines einzelnen vergleichbaren Arbeitnehmers, die auf einer individuellen Qualifikationssteigerung beruht, nicht betriebsüblich ist. Auf eine solche „Sonderkarriere“ kann sich der Betriebsrat also nicht berufen.

Zeitpunkt des Vergleichs

Das Bundesarbeitsgericht stellt auf den Zeitpunkt ab, an dem der Betriebsrat sein Amt antritt. Für Ersatzmitglieder bedeutet dies, dass die Vergleichbarkeit in dem Moment zu ermitteln ist, indem sie in den Betriebsrat nachrücken.
Das bedeutet, bei einem Betriebsrat ist ab seinem Amtsantritt zu unterstellen, dass er die gleiche betriebsübliche berufliche Entwicklung genommen hätte wie seine vergleichbaren Kolleg*innen.

Das sagen wir dazu:

Bislang stellt das Bundesarbeitsgericht bei der Berücksichtigung von beruflichen Entwicklungen starr auf den Zeitpunkt der Amtsübernahme ab. Das führt zu Problemen, wenn sich der Betriebsrat während seiner Amtszeit etwa durch Qualifizierungsmaßnahmen in seiner Freizeit „besser“ entwickelt als vergleichbare Kolleg*innen.
Angemessen wäre deshalb, die höhere Qualifikation ab ihrem Bestehen, spätestens aber nach einer Wiederwahl zu berücksichtigen. Dafür wäre erforderlich, nicht weiter darauf abzustellen, dass der Betriebsrat eine vergleichbare Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat oder ausübt.