Der Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte bei Betriebsstilllegung gilt auch, wenn ein Betriebsrat für mehrere Betriebe gewählt ist.
Der Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte bei Betriebsstilllegung gilt auch, wenn ein Betriebsrat für mehrere Betriebe gewählt ist.

Mitglieder des Betriebsrates können gekündigt werden, wenn ihr „Betrieb“ stillgelegt wird. Sind mehrere Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn durch einen Tarifvertrag zu einer Organisationseinheit zusammengefasst, ist nach Auffassung des Autors diese Gesamteinheit als „Betrieb“ anzusehen.

Betriebsratsmitglied muss in einen anderen Betrieb übernommen werden

Wird ein einzelner kündigungsschutzrechtlicher Betrieb innerhalb dieser Einheit stillgelegt, ist das Betriebsratsmitglied in einen anderen Betrieb zu übernehmen, wie dies § 15 Abs. 5 KSchG vorsieht.
 
Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift ergibt sich aus der Auslegung von § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des Sonderkündigungsschutzes. Der Sonderkündigungsschutz soll die Kontinuität der Betriebsratsarbeit sicherstellen.
 
Die Übernahmepflicht trifft auch Gesellschaften, die nicht Arbeitgeber des Betriebsratsmitgliedes sind, wenn diese an dem Tarifvertrag nach § 3 BetrVG beteiligt sind.
 
Dieser Beitrag ist aus der Fachzeitschrift Arbeit und Recht, ISSN 0003-7648, 06/2019, Juni 2019, 69. Jahrgang
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Rechtliche Grundlagen

§ 3 BetrVG

§ 3 Abweichende Regelungen

(1) Durch Tarifvertrag können bestimmt werden:

1. für Unternehmen mit mehreren Betrieben

a) die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats oder
b) die Zusammenfassung von Betrieben,

wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient;

2. für Unternehmen und Konzerne, soweit sie nach produkt- oder projektbezogenen Geschäftsbereichen (Sparten) organisiert sind und die Leitung der Sparte auch Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten trifft, die Bildung von Betriebsräten in den Sparten (Spartenbetriebsräte), wenn dies der sachgerechten Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats dient;

3. andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient;

4. zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Gremien (Arbeitsgemeinschaften), die der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretungen dienen;

5. zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer, die die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern erleichtern.

(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 keine tarifliche Regelung und gilt auch kein anderer Tarifvertrag, kann die Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden.

(3) Besteht im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 Buchstabe a keine tarifliche Regelung und besteht in dem Unternehmen kein Betriebsrat, können die Arbeitnehmer mit Stimmenmehrheit die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschließen. Die Abstimmung kann von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft veranlasst werden.

(4) Sofern der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nichts anderes bestimmt, sind Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 erstmals bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl anzuwenden, es sei denn, es besteht kein Betriebsrat oder es ist aus anderen Gründen eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich. Sieht der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung einen anderen Wahlzeitpunkt vor, endet die Amtszeit bestehender Betriebsräte, die durch die Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 entfallen, mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

(5) Die aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gelten als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes. Auf die in ihnen gebildeten Arbeitnehmervertretungen finden die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrats und die Rechtsstellung seiner Mitglieder Anwendung.