© Adobe Stock - Von Heorshe
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Über das Kündigungsschutzverfahren haben wir bereits berichtet, nachdem das Arbeitsgericht Düsseldorf in erster Instanz zu Gunsten der Mitarbeiterin entschieden hatte.

 

 

Die Klägerin, die seit Mai 2018 als Rental Sales Agent am Düsseldorfer Flughafen tätig ist, obsiegte auch beim Landesarbeitsgericht (LAG).

 

LAG erachtet alle drei Kündigungen für rechtsunwirksam

 

Bei der ersten Kündigung wegen Zuspätkommens habe es einer erneuten Abmahnung bedurft. Das LAG würdigte dabei, dass die Klägerin nach der Abmahnung aus Januar 2021 monatelang regelmäßig zu spät kam, ohne dass dies Folgen für sie gehabt hätte. Damit sei die Warnfunktion der Abmahnung verbraucht gewesen. Erst nachdem die Klägerin eine Betriebsratswahl einleiten wollte, waren die Verspätungen plötzlich ein Kündigungsgrund.

 

Und dann war da noch der Schutz als Wahlbewerberin gemäß § 15 Abs. 3a KSchG. Der Arbeitgeber unterstellte der Klägerin, alles so geplant zu haben, dass sie trotz ihrer Verfehlungen nicht gekündigt werden könne. Deshalb dürfe sie sich nicht auf den Kündigungsschutz berufen. Doch das LAG vermochte einen Rechtsmissbrauch nicht zu erkennen.

 

2. Kündigung nach geplatzter Wahlversammlung

 

Die zweite Kündigung war erfolgt, nachdem eine geplante Wahlversammlung nicht stattfinden konnte. Der gebuchte Raum im Flughafengebäude war wegen der Corona-Beschränkungen für die erschienenen Mitarbeiter*innen zu klein. Das Unternehmen hatte einen größeren Raum in einem Hotel in der Nähe angeboten, was seitens der Wahlinitiatorin abgelehnt wurde. Der Vorwurf gegenüber der Mitarbeiterin lautete, es sei ihr Plan gewesen, die Veranstaltung abzusagen und sich als Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht einsetzen zu lassen.

 

Das LAG sieht hier keinen Grund für eine Kündigung. Der behauptete Plan sei denkbar, ebenso möglich sei es aber auch, dass die Klägerin eine ordnungsgemäße Wahlversammlung abhalten wollte. Unabhängig davon würde ein Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten nicht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.

 

3. Kündigung wegen Hausfriedensbruch

 

Kündigung Nummer drei war erfolgt, nachdem die Klägerin erneut in der Filiale eine Einladung zu einer Wahlversammlung ausgehängt hatte. Die Beklagte wertete dies als Hausfriedensbruch. Das LAG sagt dazu: Wenn die Klägerin trotz fristloser Kündigung nochmals versuche, zur Wahlversammlung einzuladen, rechtfertige dies in der Abwägung aller Umstände keine Kündigung.

 

Einen Kündigungsgrund an sich bejahte das LAG hier. Als fristlos gekündigte Mitarbeiterin habe die Klägerin die Räumlichkeiten der Arbeitgeberin nicht mehr betreten dürfen, auch nicht, um dort die Einladung aufzuhängen.

Trotz Verletzung des Hausrechts fiel jedoch die Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Hierbei würdigte das LAG, dass die Arbeitgeberin, im Zusammenhang mit dem Versuch, einen Betriebsrat zu bilden mit "harten Bandagen“ gespielt hatte. Es sei nachvollziehbar, dass in der Situation auf Seiten der Arbeitnehmerinnen der Eindruck entstanden sei, man wolle einen möglichen Wahlvorstand aus dem Arbeitsverhältnis drängen.

 

Anmerkung:

In zwei weiteren Berufungsverfahren der anderen beiden Wahlinitiatorinnen hat das LAG die den Kündigungsschutzklagen stattgebenden Urteile des Arbeitsgerichts bestätigt und die Berufungen zurückgewiesen (8 Sa 242/22 und 8 Sa 244/22).

 

Die Revision wurde in allen Verfahren nicht zugelassen. 

Rechtliche Grundlagen

§ 15 Absatz 3a Kündigungsschutzgesetz

§ 15 Unzulässigkeit der Kündigung
(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.