Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Eingliederunsgmanagement bezieht sich nur auf Verfahrensgrundsätze.
Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Eingliederunsgmanagement bezieht sich nur auf Verfahrensgrundsätze.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Betriebsvereinbarung für unwirksam erklärt, die beim betrieblichen Eingliederungsmanagement die Bildung eines Integrationsteams unter Beteiligung des Betriebsrates vorsah.

Streit um Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs

Der Betriebsrat hatte mit dem Arbeitgeber über eine Betriebsvereinbarung zum Thema betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) verhandelt. Da sie keine Einigung erzielen konnten, rief der Betriebsrat die Einigungsstelle an.

Im Spruch der Einigungsstelle war für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements die Bildung eines Integrationsteams vorgesehen, welches sich aus je einem Vertreter des Arbeitgebers und des Betriebsrats zusammensetzt. 

Das Integrationsteam sollte das bEM mit dem betroffenen Arbeitnehmer durchzuführen, konkrete Maßnahmen beraten und dem Arbeitgeber vorschlagen sowie den nachfolgenden Prozess begleiten.

Gegen diesen Spruch der Einigungsstelle ging der Arbeitgeber gerichtlich vor. Er wollte festgestellt wissen, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam ist.

Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei betrieblichem Eingliederungsmanagement

Ein bindender Spruch der Einigungsstelle ist nur möglich, wenn der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht hat, er also mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe verhandeln kann. 

Ein solches besteht für das Thema betriebliches Eingliederungsmanagement insofern, als dass der Betriebsrat bei Regelungen des Gesundheitsschutzes im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften mitbestimmen kann.

Beim betrieblichen Eingliederungsmanagement ist der Betriebsrat die zuständige Interessenvertretung, mit der der Arbeitgeber die Möglichkeiten klärt, wie die langfristige Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten überwunden kann und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. 

Bundesarbeitsgericht: Einigungsstelle hat Zuständigkeit überschritten

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen die stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat letztinstanzlich festgestellt, dass die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit überschritten hat. 

Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement könnten nur Verfahrensgrundsätzen aufgestellt werden, wie die Klärung der Möglichkeiten erfolgen soll. Die Festlegung, wie der Betriebsrat bei der Durchführung selbst zu beteiligen ist, überschreite die gesetzliche Vorgabe.

Der Spruch der Einigungsstelle habe sich in diesem Fall nicht auf die Ausgestaltung eines bEM beschränkt, sondern die Beteiligung des Integrationsteams an der allein dem Arbeitgeber obliegenden Umsetzung der Maßnahmen vorgesehen.

Anmerkung:

Eigentlich ist es ja eine gute Idee: Beim betrieblichen Eingliederungsmanagement geht es um die Frage, wie ein*e langfristig erkrankte*r Mitarbeiter*in künftig wieder in den Betrieb eingegliedert werden kann, was also geschehen muss, damit er auch zukünftig seine Arbeit leisten kann. Für den/die Beschäftigte*n also eine heikle Situation, in der es gut ist, wenn er den Betriebsrat an seiner Seite weiß. Immerhin kann nach gescheiterten Eingliederungsversuchen eine Kündigung drohen!

Das Gesetz sieht ja auch vor, dass die betriebliche Interessenvertretung zu beteiligen ist, auch wenn es nicht festlegt, in welcher Form der Betriebsrat beteiligt werden muss. Der Arbeitgeber hat hier einen Ermessensspielraum.

Und das Betriebsverfassungsgesetz sieht eine Beteiligung des Betriebsrates nur bei „Regelungen über“ den Gesundheitsschutz vor. Der Betriebsrat ist also zu beteiligen, wenn es um das Verfahren als solches geht, nicht zwingend im Verfahren selbst. Hier ist also jeder Betriebsrat selbst gefordert, die „Regelungen“ entsprechend zu gestalten. Erzwingbar ist eine solche Beteiligung letztlich aber nicht.

Hier zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts


Im Praxistipp:
 Betriebsverfassungsgesetz § 87 Mitbestimmungsrechte - Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) § 84 Prävention

Rechtliche Grundlagen

Betriebsverfassungsgesetz § 87 Mitbestimmungsrechte - Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) § 84 Prävention

Betriebsverfassungsgesetz
§ 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
.............................
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
.......................
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
__________________________________________________________________

Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (Artikel 1 des Gesetzes v. 19.6.2001, BGBl. I S. 1046)
§ 84 Prävention
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(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

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