© IG BCE - Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
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Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat Normen des Betriebsverfassungsgesetzes, des Kündigungsschutzgesetzes und der Wahlordnung umgestaltet oder ergänzt.

Alter für die Wahlberechtigung geändert

Nach § 7 des Betriebsverfassungsgesetzes sind wahlberechtigt alle Arbeitnehmer*innen des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Wer sich in den Betriebsrat wählen lassen möchte, muss nach wie vor 18 Jahre alt sein.

 

Neu ist, dass die Wählbarkeit am Tag der Wahl vorliegen muss, nicht mehr einen Tag vor der Wahl.

Verbesserter Kündigungsschutz zur Sicherung der Wahlen zum Betriebsrat

Nach § 15 Absatz 3a des Kündigungsschutzgesetzes ist die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebswahl einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands beantragt, vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Es kommt also nur eine fristlose Kündigung in Frage.

 

In der alten Fassung des Gesetztes galt der Kündigungsschutz für die ersten drei in der Einladung oder Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer*innen. Nun gilt er für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung.

Kündigungsschutz für Vorfeld-Initiatoren

Neu ist der Absatz 3b in § 15 des Kündigungsschutzgesetzes:

 

Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.

 

Als Vorbereitungshandlung zur Gründung eines Betriebsrates reicht der Gang zur Gewerkschaft mit eben diesem Ziel. Der Kündigungsschutz greift nur, wenn notariell dokumentiert ist, dass ein Betriebsrat errichtet werden soll. Er gilt von der Abgabe der Erklärung bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung, längstens jedoch für drei Monate. Es besteht kein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen.

Zahl der notwendigen Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag gesenkt

Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Das Quorum für Wahlvorschläge wurde insgesamt abgesenkt. Früher waren mindestens zwei Stützunterschriften erforderlich, die braucht man in kleinen Betrieben mit nur bis zu 20 Wahlberechtigten jetzt nicht mehr.

 

Der geänderte § 14 Absatz 4 Betriebsverfassungsgesetz lautet:

 

In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

Einreichung von Wahlvorschlägen: Verkürzung der Frist auf Ende der Arbeitszeit

Wahlvorschläge sind vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand in Form von Vorschlagslisten einzureichen. Wird keine Uhrzeit angegeben, endet die 14-Tage-Frist um Mitternacht. Bis dahin muss der Wahlvorstand prüfen, ob noch Vorschläge eingegangen sind. Neu ist die Möglichkeit, das Fristende auf die Zeit zu verkürzen, zu der die Arbeitszeit der Mehrheit der Beschäftigten endet. Es ist allerdings vorher zu ermitteln, wann das an dem jeweiligen Tag der Fall ist. Und die Uhrzeit ist im Wahlausschreiben zu nennen.

 

Grundlage ist der geänderte § 41 der Wahlordnung, wonach der Wahlvorstand für den letzten Tag einer Frist eine Uhrzeit festlegen kann, bis zu der ihm Erklärungen zugehen müssen. Diese Uhrzeit darf nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wähler*innen an diesem Tag liegen.

Anfechtbarkeit von Betriebsratswahlen wegen Fehlern in der Wählerliste eingeschränkt

Wird bei der Wahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen und konnte dadurch das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden, kann eine Wahlanfechtung beim Arbeitsgericht erfolgen.

 

Der § 19 des Betriebsverfassungsgesetzes hat nun einen dritten Absatz:

 

Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

 

Also nur dann, wenn ein Einspruch gegen die Wählerliste innerhalb von zwei Wochen erfolgt, kann das hinterher bei der Wahlanfechtung angebracht werden.

Anwendungsbereich der vereinfachten Wahlverfahren erweitert

Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl (nicht nach den Grundsätzen der Verhältniswahl), wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren zu wählen ist.

 

Im vereinfachten Verfahren wird der Betriebsrat im zweistufigen Verfahren gewählt: Auf einer ersten Wahlversammlung wird der Wahlvorstand gewählt, und eine Woche darauf wird auf einer zweiten Wahlversammlung der Betriebsrat in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

 

Die Schwellenwerte für die Anwendung des verpflichtenden vereinfachten Wahlverfahrens und des vereinfachten Wahlverfahrens nach Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber wurden angehoben. Ein vereinfachtes Wahlverfahren ist zwingend bis zu einem 5-köpfigen Betriebsrat (in Betrieben mit in der Regel fünf bis 100 – zuvor 50 - wahlberechtigten Arbeitnehmern), möglich bis zu einem 7-köpfigen Betriebsrat (in Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 – zuvor 51 bis 100 - wahlberechtigten Arbeitnehmern).

Videokonferenz unter Wahrung des Vorrangs der Präsenssitzung

Der § 30 des Betriebsverfassungsgesetzes wurde durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz im ersten Absatz ergänzt. Danach finden die Sitzungen des Betriebsrats als Präsenzsitzung statt. Neu ist dann der Absatz zwei, der Ausnahmen vom Grundsatz nennt.

 

Danach kann die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn

 

  1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
  2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
  3. sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Mögliche Fallstricke: Ist der Beschluss zu einer Geschäftsordnung unwirksam, wirkt sich das auf alles aus, was in einer Videokonferenz beschlossen wird. Und der Betriebsrat muss nachweisbar alle Mitglieder fragen, ob sie eine Sitzung in Präsenz oder per Video möchten.

Briefwahlunterlagen erst nach Ende der Stimmabgabe auszuwerten

Die Wahl erfolgte bislang durch Abgabe von Stimmzetteln in dafür vorgesehenen Umschlägen. Für die Stimmabgabe in Präsenz wurden die Wahlumschläge nun abgeschafft. Das soll dem Wahlvorstand etwas Zeit verschaffen. Der Stimmzettel muss natürlich so gefaltet sein, dass die Stimmabgabe erst nach Auseinanderfalten des Stimmzettels erkennbar ist. Die Wähler*innen selbst legen den Zettel in die Wahlurne.

 

Bei der Briefwahl öffnet der Wahlvorstand erst zu Beginn der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung die rechtzeitig eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, vermerkt der Wahlvorstand die Stimmabgabe in der Wählerliste, öffnet die Wahlumschläge und legt die Stimmzettel in die Wahlurne.

 

Bestehen Zweifel über die Gültigkeit einer Stimme, darf nur der Wahlvorstand darüber abstimmen.

Automatische Briefwahl für länger abwesende Beschäftigte

Wahlberechtigten, die im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben, hat der Wahlvorstand auf ihr Verlangen das Wahlausschreiben, die Vorschlagslisten, den Stimmzettel Wahlumschlag etc. auszuhändigen oder zu übersenden. Sind Beschäftigte längere Zeit nicht im Betrieb, sind sie in die Briefwahl schon zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Wahlausschreibens einzubeziehen. Auch das ist neu.

 

Der § 24 der Wahlordnung wurde ergänzt um eine Regelung für Beschäftigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie

 

  • im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses (etwa Außendienst, Heimarbeit) oder
  • vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl aus anderen Gründen (z.B. wegen Arbeitsunfähigkeit, Elternzeit) voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden.

Diese Personen erhalten die Unterlagen, ohne dass sie es verlangen müssen. Dabei hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.