Fällt wegen des schlechten Wetters die Arbeit aus, ist das grundsätzlich ein Problem des Arbeitgebers. Copyright by zlikovec/Adobe Stock
Fällt wegen des schlechten Wetters die Arbeit aus, ist das grundsätzlich ein Problem des Arbeitgebers. Copyright by zlikovec/Adobe Stock

Ein nicht seltener Fall in der modernen Arbeitswelt: der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer nicht beschäftigen, weil er zeitweise keine Arbeit für ihn hat. Das war auch so in einem Fall, den unser Büro in Neuruppin vor dem Arbeitsgericht geführt hat. Der Arbeitgeber konnte einen Monteur, der seine Arbeiten vor allem im Außendienst verrichtet, wegen schlechten Wetters zwei Wochen lang nicht einsetzen.
 

Kann ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht beschäftigen, weil das Wetter zu schlecht ist, muss er trotzdem das Arbeitsentgelt zahlen

Grundsätzlich ist das ein Problem des Arbeitgebers. Durch den Arbeitsvertrag ist er nämlich verpflichtet, seine Beschäftigten auch einzusetzen. Oder wie die Jurist*innen sagen: er muss die ihm angebotene Arbeitsleistung auch abnehmen. Hat er keine Beschäftigung für seine Arbeitnehmer*innen, befindet er sich im „Annahmeverzug“ und  muss das Arbeitsentgelt zahlen, obwohl er keine Gegenleistung bekommt.
 
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich allerdings in einem solchen Fall darauf einigen, dass der Arbeitnehmer Überstunden abbaut. Das können sie auch vorab schon im Arbeitsvertrag regeln.
 

Der Arbeitgeber beruft sich auf eine Arbeitszeitregelung des Unternehmens

Im vorliegenden Fall wies ein Vorgesetzter den Arbeitnehmer an, in den fraglichen Schlecht-Wetter-Wochen „Gleitzeit zu nehmen“. Dieser blieb daraufhin zwar zu Hause, schrieb für diesen Zeitraum allerdings 59 Arbeitsstunden in sein Arbeitszeitkonto.
 
Darin sah der Arbeitgeber einen Arbeitszeitbetrug und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos.
 
Im Kündigungsschutzverfahren trug er vor, der Arbeitnehmer habe seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt, indem er den Arbeitgeber über den Umfang seiner Arbeitsleistung getäuscht  habe.  Es gebe eine Arbeitszeitregelung im Unternehmen, nach der Vorgesetzte anweisen könnten, dass ein Untergebener für den Fall, dass keine Arbeit für ihn vorhanden sei,  sein Stundenkonto abzubauen.
 

Der Betriebsrat muss alle Beweggründe für die Kündigung kennen

Es ist bereits ziemlich fraglich, ob der Arbeitgeber sein Annahmerisiko aufgrund irgendeiner Arbeitszeitregelung überhaupt auf seine Beschäftigten abwälzen kann. Im konkreten Fall brauchte das Arbeitsgericht das gar nicht entscheiden. Es konnte nämlich feststellen. Dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nach seinem eigenem Vortrag nicht ordnungsgemäß angehört hat.
    
Der Arbeitgeber hatte im Verfahren zwar mitgeteilt, dass er den Betriebsrat beteiligt hatte. Er hat vor Gericht auch einen Anhörungsbogen vorgelegt, den er dem Betriebsrat übergeben haben will. Aus seinem Vortrag ging allerdings nicht hervor, dass er dem Betriebsrat mitgeteilt habe, aufgrund welcher Regelung der Vorgesetzte den Arbeitnehmer überhaupt anweisen konnte, seine Mehrarbeitsstunden in der Zeit abzubauen, in der ihn der Arbeitgeber wegen des schlechten Wetters nicht beschäftigen konnte.
 

Was der Betriebsrat nicht kennt, spielt letztlich keine Rolle mehr

Der Betriebsrat muss nämlich über alle Gründe informiert werden, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen. Im vorliegenden Fall war die vom Arbeitgeber behauptete Arbeitszeitregelung des Unternehmens aber für die Kündigungsentscheidung wichtig. Auch dem Arbeitgeber war klar, dass er ohne eine entsprechende Regelung nun wirklich überhaupt keinen Grund zur Kündigung gehabt hätte. Der Arbeitnehmer hätte völlig zu Recht seine Stunden in das Arbeitszeitkonto eingetragen.
 
Der Arbeitgeber meinte allerdings, wegen der Anweisung durch den Vorgesetzten, der dazu aufgrund der  Arbeitszeitregelung im Unternehmen auch berechtigt sei, habe der Arbeitnehmer die ausgefallenen Zeiten nicht in sein Konto eintragen dürfen. Die Tatsache, dass es eine solche Arbeitszeitregelung gibt, ist also ein wesentlicher Teil der Kündigungsentscheidung gewesen.
 
Das Arbeitsgericht führt insoweit aus, da die Beklagte der Auffassung gewesen sei, den Kläger witterungsbedingt nicht einsetzen zu können, wäre es seitens der Beklagten allerdings erforderlich gewesen, gegenüber dem Betriebsrat anzugeben, auf Grund welcher Umstände dem Kläger für die genannten Ausfallzeiten Ansprüche auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges  nicht zustehen sollten: Denn dass die Arbeit aufgrund witterungsbedingter Umstände ausfalle, gehöre grundsätzlich zum vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko
 
Der Clou: auch wenn der Arbeitgeber tatsächlich Gründe für eine Kündigung hat, kann er sich im Kündigungsschutzverfahren nur insoweit auf sie berufen, wie er sie dem Betriebsrat mitgeteilt hat.
 
Hier geht es zur Entscheidung des Arbeitsgerichts Emden