Ist dem Betriebsrat bekannt, dass der Arbeitgeber unberechtigt auf seine Dateien zugegriffen hat, besteht kein Grund mehr für eine umfassende Einsichtnahme in die Zugriffsprotokolle. Das hat das Arbeitsgericht Wesel entschieden.

In dem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht (ArbG Wesel) ging es darum, ob dem Betriebsrat ein umfassendes Einsichtsrecht in Protokolldateien für Zugriffe auf das Betriebsratslaufwerk zusteht. Der Arbeitgeber bestritt, dass entsprechende Dateien überhaupt existieren. Diese müssten erst erstellt werden. Der Betriebsrat könne nicht verlangen, dass die Unterlagen oder Dateien, in die er Einsicht begehrt, zuvor erst noch erstellt werden müssen. Der Arbeitgeber hatte bereits in einem anderen und in diesem Verfahren eingeräumt, dass er in einem Fall Zugriff auf die Dateihistorie einer Datei genommen hatte. Den Zugriff auf die Datei hatte ihm der Betriebsrat selbst ermöglicht. Bereits am 12.10.2011 hatte das ArbG in einem Beschlussverfahren dem Arbeitgeber aufgegeben, es zu unterlassen, Einsicht in die elektronischen Dateien des Betriebsrates zu nehmen (Aktenzeichen.: 3 BV 9/11).

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es seine Entscheidung mit einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis begründet: Der Betriebsrat konnte nicht nachvollziehbar darlegen, warum er eine derartig umfassende Einsichtnahme in die Protokolldateien verlangte und welches Rechtschutzziel er mit seinem Begehren verfolgte. Im jetzt anhängigen Verfahren hatte der Betriebsrat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er das Einsichtsrecht benötige, um feststellen zu können, ob, wie und von wem unberechtigte Zugriffe auf sein Betriebsratslaufwerk stattgefunden haben. Nur wenn er dies wisse, könnten entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.

Dies ist aus Sicht des Arbeitsgerichts jedoch nicht nachvollziehbar. Denn aufgrund des bereits erfolgten Zugriffs auf seine Datei steht fest, dass Unberechtigte – in diesem Fall der Arbeitgeber – auf die Dateien des Betriebsratslaufwerks zugreifen können. Inwieweit es für die Feststellung von Sicherheitslücken darüber hinaus darauf ankommt, wer, wann und wie Zugriff genommen hat, habe der Betriebsrat nicht schlüssig dargelegt.

Carsten Schuld:

Der Beschluss des ArbG Wesel kann leicht missverstanden werden. Vordergründig hat der Betriebsrat den Rechtsstreit verloren. Der Arbeitgeber muss nicht allein für die Kontrolle durch den Betriebsrat extra Protokolldateien erstellen lassen. Damit will das Gericht aber den (Daten-)Schutz des Betriebsrats nicht einschränken. Selbstverständlich sind Daten und Unterlagen des Betriebsrats, wie Protokolle, Vermerke und ähnliches für den Arbeitgeber tabu. Tatsächlich hatte das ArbG Wesel dem betreffenden Arbeitgeber in einem anderen Verfahren ausdrücklich verboten, Einblick auf Dateien des Betriebsrats zu nehmen. Der Betriebsrat wusste also positiv, dass es schon zu Datenschutzverletzungen gekommen war. Der Feststellung, wie oft und durch wen dies geschehen war, maß das ArbG keine wesentliche Bedeutung bei. Der Betriebsrat kann nach Ansicht des ArbG Wesel auch ohne diese weitere Information seine Konsequenzen ziehen.
Es ist fraglich, ob dies vom ArbG so richtig gesehen wird. Das Gericht hat dem Arbeitgeber zwar den Blick auf die Dateien des Betriebsrats verboten. Ob der Arbeitgeber sich aber wirklich daran hält, ist zuverlässig z.B.  nur durch Protokolldateien zu überprüfen.

Trotzdem weist der Beschluss des ArbG Wesel auf eine Schwierigkeit für Betriebsräte und deren Verfahrensbevollmächtigte hin: Verfahrensgegenstand bei Beschlussverfahren und die Anträge im Gerichtsverfahren müssen gut gewählt sein. Womöglich hätte der Betriebsrat im vorliegenden Fall mit einer weiter gehenden Forderung mehr Erfolg gehabt. Weil der Arbeitgeber sich bereits als unzuverlässig erwiesen hat, hätte der Betriebsrat vielleicht auch die Errichtung effektiver Schutzmechanismen verlangen können.