Tatjana Dette, Teamleiterin DGB Rechtsschutz GmbH,  Büro Neustadt
Tatjana Dette, Teamleiterin DGB Rechtsschutz GmbH, Büro Neustadt

Der 47-jährige Jugend- und Heimerzieher ist Mitarbeiter einer Behindertenwohnstätte und Mitglied des fünfköpfigen Betriebsrats. Er ist seit zwölf Jahren bei der gemeinnützigen Einrichtung mit etwa 60 Beschäftigten tätig, die zwei Wohnstätten mit offenen und stationären Wohngruppen für behinderte Menschen betreibt. Seit eine neue Geschäftsführung die Leitung der Einrichtung übernommen hat, wird der verheiratete Familienvater mit Gerichtsverfahren überzogen. Allein sechs Verfahren wegen Ersetzung zur Zustimmung einer fristlosen Kündigung hat der Arbeitgeber gegen den Mitarbeiter geführt – die Streitfälle vor Gericht wegen Unterlassungsklagen gar nicht mitgerechnet. Alle Verfahren hat der Beklagte gewonnen, der von der Teamleiterin Tatjana Dette vom DGB Rechtsschutz-Büro Neustadt an der Weinstraße vertreten wird. Kein Vorwurf des Arbeitgebers hatte vor Gericht Bestand. „Der Mandant hatte sich immer korrekt verhalten – das konnten wir dem Gericht darlegen“, beschreibt die Juristin die Situation. Der Arbeitgeber jedoch ist uneinsichtig – geht in Revision, eröffnet neue Verfahren. Tatjana Dette spricht deshalb von Mobbing. „Sonst gehe ich mit dem Begriff vorsichtig um“, erklärt sie, „aber bei dieser Häufung kann man wirklich von gezieltem Vorgehen gegen einen Beschäftigten und Betriebsrat sprechen.“ Trotz dieser Offensichtlichkeit ist ein gerichtliches Vorgehen gegen den Arbeitgeber schwierig. „Wenn wir klagen wollten“, erläutert Tatjana Dette, „müssten wir präzise beweisen, dass der Arbeitgeber vorsätzlich unserem Mandanten schaden will.“ Dazu müssten andere Mitarbeiter als Zeugen vor Gericht gerufen werden – und genau das ist ein Problem. „In dieser Firma herrscht ein Klima der Angst“, weiß die Rechtssekretärin inzwischen zur Genüge. Im Gegenteil lassen sich Kollegen gegen den Mandanten immer wieder vom Arbeitgeber vor dessen Karren spannen. So forderte eine andere Mitarbeiterin, ganz im Sinne des Arbeitgebers, dass der DGB Rechtsschutz-Mandant bestimmte Aussagen nicht mehr tätigen solle. Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Dennoch ist die Klägerin in die Berufung gegangen. „Das ist systematisch, der Mitarbeiter soll mürbe gemacht werden“, erklärt DGB-Rechtssekretärin Tatjana Dette.

Rechtliche Grundlagen

Betriebsräte einschalten

Monika Seibert ist Betriebsratsvorsitzende in einem chemischen Betrieb mit knapp 100 Beschäftigten. Sie hat mehrere Kolleginnen und Kollegen beraten, die durch Vorgesetzte gemobbt wurden. „Besonders eine Kollegin wurde immer wieder grundlos verbal attackiert“, berichtet Monika Seibert, „so dass sie häufig an Migräne und Bauchschmerzen litt – typische Krankheitssymptome bei Mobbing“. Ihr Rat: Unbedingt ein Tagebuch über die Vorfälle führen und notieren, was passiert ist, wer dabei war und wie man sich gefühlt hat. Nach wenigen Vorfällen sollten sich Beschäftigte dann an den Betriebsrat wenden, der versucht, eine Systematik in den Attacken zu erkennen und sich bei einem akuten Fall sofort einschaltet.

„Diese psychischen Belastungen muss ein Betriebsrat genau so ernst nehmen wie beispielsweise Arbeitssicherheit“, unterstreicht Monika Seibert. So sollten Betriebsräte vorgehen: Gespräche führen mit dem „Täter“ und dessen Vorgesetzten und – wichtig – selbst auch ein Notizprotokoll anfertigen. Die Geschäftsleitung zu Fortbildungen für Vorgesetzte auffordern, besser noch: eine Betriebsvereinbarung abschließen, in der Maßnahmen verpflichtend festgeschrieben sind. „Sehr nützlich sind für uns Betriebsräte auch IG BCE-Seminare zum Thema Mobbing.“