Das allein reicht nicht, um eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Copyright by Adobe Stock/H_Ko
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Welche Rechtsnatur hat eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Gremium Betriebsrat und dem Arbeitgeber. Damit kann Partei einer Betriebsvereinbarung nicht sein

  • ein einzelner Betriebsrat, etwa der Vorsitzende
  • die Schwerbehindertenvertretung
  • eine Gewerkschaft.

Besteht ein Gesamtbetriebsrat, ist er für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen zuständig, wenn es um Angelegenheiten geht, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und die die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe nicht regeln können.

Was ist eine Regelungsabrede?

Im Gegensatz zur Betriebsvereinbarung entfaltet eine Regelungsabrede nur Wirkungen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie hat keine unmittelbare und zwingende Wirkung auf die Arbeitsverhältnisse.
Regelungsabreden sind beispielsweise Absprachen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über Ort und Zeitpunkt einer Betriebsversammlung, die Einigung auf die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle oder die Zahl der Beisitzer. Möglich sind auch Regelungsabreden für Einzelfälle wie etwa eine Vereinbarung über Überstunden an einem einzelnen Tag.
Betriebsrat und Arbeitgeber können Regelungsabreden auch mündlich treffen.

Wie kommt eine Betriebsvereinbarung zustande?

Taucht im Betrieb eine regelungsbedürftige Frage auf, können Arbeitgeber und Betriebsrat den Abschluss einer Betriebsvereinbarung anregen. Führen die Verhandlungen zum Erfolg, muss zunächst das Gremium Betriebsrat einen Beschluss fassen, nach dem es mit der Vereinbarung einverstanden ist. Erst danach kann der Vorsitzende des Betriebsrates als Vertreter des Gremiums dem Arbeitgeber gegenüber die Zustimmung zur Betriebsvereinbarung erklären.
Wenn sowohl der Vertreter des Betriebsrates als auch der Arbeitgeber die Vereinbarung auf derselben Urkunde unterzeichnet haben, ist sie zustande gekommen.

Welche Inhalte kann eine Betriebsvereinbarung haben?

Eine Betriebsvereinbarung kann nur Regelungen beinhalten, die alle Arbeitnehmer*innen eines Betriebs oder zumindest eine abgrenzbare Gruppe wie etwa Außendienstmitarbeiter oder Fahrpersonal betreffen. Einzelfallregelungen können also nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.
In diesem Rahmen sind alle Bereiche, die nach dem Betriebsverfassungs-gesetz zum Aufgabengebiet eines Betriebsrates gehören, mithilfe einer Betriebsvereinbarung regelbar. Solche Belange können etwa sein

  • Freiwillige Sonderzuwendungen
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement
  • Urlaubsgrundsätze und -pläne
  • Arbeitszeit und Pausen
  • Verfahren bei Beschwerden von Arbeitnehmer*innen
  • Einführung von Kurzarbeit.

 

Muss der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung abschließen?

Es gibt

  • erzwingbare

und

  • freiwillige

 
Betriebsvereinbarungen.
 

Wann ist eine Betriebsvereinbarung erzwingbar?

Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber nicht dazu zwingen, sein Einverständnis zu einer Betriebsvereinbarung zu erklären. Das würde ohne Korrektiv dazu führen, dass der Arbeitgeber Vereinbarungswünsche des Betriebsrates einfach „aussitzen“ könnte. Deshalb kann der Betriebsrat in Fällen der echten Mitbestimmung die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch dieser Stelle ersetzt dann die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.
 
Ein echtes Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat unter anderem bei
 

  • Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Mitglieder des Betriebsrates sowie der Jugend- und Auszubildendenvertretung
  • Freistellung von Betriebsratsmitgliedern
  • Berechtigung der Beschwerden von Arbeitnehmer*innen
  • sozialen Angelegenheiten nach § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes
  • Verhandlungen über einen Interessenausgleich bei Betriebsänderungen

In diesen und zahlreichen weiteren Fällen kann der Betriebsrat also einen Spruch der Einigungsstelle erzwingen, der dieselbe Wirkung wie eine Betriebsvereinbarung hat.
Bei Angelegenheiten, bei denen der Betriebsrat kein echtes Mitbestimmungsrecht hat, besteht keine Möglichkeit, den Arbeitgeber zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu zwingen. Wenn er nicht freiwillig dazu bereit ist, gibt es keine Vereinbarung. Allerdings hat der Betriebsrat die Möglichkeit, den Abschluss einer Vereinbarung zur Bedingung für ein Entgegenkommen in einer anderen Streitfrage zu machen.

Wie wirkt eine Betriebsvereinbarung?

Regelungen einer wirksamen Betriebsvereinbarung gelten für alle Arbeitnehmer*innen des Betriebs unmittelbar und zwingend. Insofern gleichen sie Normen von Tarifverträgen oder Gesetzen.
Dafür ist nicht Voraussetzung, dass der Arbeitsvertrag auf die Betriebsvereinbarung verweist. Und selbst, wenn Arbeitnehmer*innen nicht einmal wissen, dass es die Betriebsvereinbarung gibt, ändert dies nichts an ihrer Wirksamkeit. Deshalb ist es unbedingt ratsam, sich beim Betriebsrat zu erkundigen, ob und gegebenenfalls welche Betriebsvereinbarungen gelten.

Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag  - was gilt?

Widersprechen sich Regelungen in einem Arbeitsvertrag und einer Betriebsvereinbarung, greift in aller Regel das Günstigkeitsprinzip. Danach ist diejenige der beiden Regelungen anzuwenden, die für Arbeitnehmer*innen vorteilhafter ist. Es ist also ausgeschlossen, dass eine Betriebsvereinbarung eine günstigere Regelung im Arbeitsvertrag verdrängt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitsvertrag aus der Zeit vor oder nach dem Abschluss der Betriebsvereinbarung stammt.
Nur ausnahmsweise findet das Günstigkeitsprinzip keine Anwendung. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitsvertrag eine Öffnungsklausel enthält. Eine solche Klausel könnte etwa lauten:

“Zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags besteht Einigkeit darüber, dass zukünftige Betriebsvereinbarungen den Vereinbarungen in diesem Arbeitsvertrag und sonstigen zwischen den Parteien getroffenen Absprachen vorgehen, auch wenn die vertragliche Regelung im Einzelfall günstiger ist.”

Bei einer solchen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen verdrängt eine Betriebsvereinbarung günstigere Regelungen im Arbeitsvertrag.
 

Kann man auf Rechte aus einer Betriebsvereinbarung verzichten?

Sieht die Betriebsvereinbarung Rechte für Arbeitnehmer*innen vor, versuchen Arbeitgeber immer wieder, sie zu einem Verzicht darauf zu bewegen. Ein solcher Verzicht ist zwar grundsätzlich möglich. Aber das Betriebsverfassungsgesetz sieht vor, dass er nur mit Zustimmung des Betriebsrates zulässig ist.
 

Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag  - was gilt im Grundsatz?

Im Verhältnis von Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag gilt das Günstigkeitsprinzip nicht. Stattdessen besteht ein Tarifvorbehalt. Insoweit bestimmt das Betriebsverfassungsgesetz :
 
„Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“
 
Das bedeutet, dass Betriebsvereinbarungen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, unwirksam sind. Deshalb stellt sich in allen diesen Fällen die Frage nach dem Verhältnis von Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag überhaupt nicht: Es sind auf jeden Fall die Regelungen des Tarifvertrages anzuwenden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber tarifgebunden ist oder die Regelungen der Betriebsvereinbarung günstiger für die Arbeitnehmer*innen sind.
 

Welche Ausnahmen gibt es vom Tarifvorbehalt?

Beim Tarifvorbehalt sind als Sonderfälle zu berücksichtigen

  • Öffnungsklauseln in Tarifverträgen
  • Interessenausgleich bei Betriebsänderungen
  • Soziale Angelegenheiten nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz

1. Betriebsvereinbarungen sind trotz Bestehens eines Tarifvertrages möglich, wenn und soweit der Tarifvertrag dies zulässt. Eine solche Öffnungsklausel könnte etwa lauten:

 „Die Betriebsparteien können Regelungen treffen, die von diesem Tarifvertrag abweichen.“

2. Will der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung einen Sozialplan abschließen, kann er auch Angelegenheiten regeln, die bereits Inhalt eines Tarifvertrages sind. Denn das Betriebsverfassungsgesetz sieht ausdrücklich vor, dass der Tarifvorbehalt für einen Sozialplan nicht gilt.
 
3. Für soziale Angelegenheiten nach § 87 des Betriebsverfassungs-gesetzes gilt eine Sonderregelung. Danach besteht ein echtes Mitbestimmungsrecht nur, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Der Unterschied zum „normalen“ Tarifvorbehalt besteht zum einen darin, dass es bei sozialen Angelegenheiten nicht ausreicht, wenn sie „üblicherweise“ in Tarifverträgen geregelt sind. Zum anderen muss der Arbeitgeber in diesen Fällen tarifgebunden sein, sodass der Tarifvertrag Anwendung findet, wenn die Arbeitnehmer*innen Mitglieder der Gewerkschaft sind.

Wie lange gilt eine Betriebsvereinbarung?

  • Ist eine Betriebsvereinbarung nur befristet abgeschlossen, gilt sie bis zum vereinbarten Ende der Frist.
  • Da die Betriebsvereinbarung ein Vertrag zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ist, können beide auch einen Aufhebungsvertrag abschließen. In diesem Fall gilt die Betriebsvereinbarung bis zum vereinbarten Ende.
  • Legt der Arbeitgeber den Betrieb endgültig still, bedeutet dies auch das Ende der Betriebsvereinbarung.
  • Im Übrigen gilt eine Betriebsvereinbarung, bis eine der oder beide Parteien sie kündigt. Die Frist für eine solche Kündigung beträgt drei Monate. Die Vertragsparteien können die Frist aber einvernehmlich ändern.
  • Findet ein Betriebsübergang statt, gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung individualrechtlich weiter. Das heißt, sie werden nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches

 
 „. . . Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.“
 

Wirkt eine Betriebsvereinbarung nach?

Bei einer freiwilligen Betriebsvereinbarung kommt eine Nachwirkung nicht in Betracht.
Bei einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung bestimmt das Betriebsverfassungsgesetz:

 „Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen . . . weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.“

In einer Phase der Nachwirkung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen einvernehmlich von den Regelungen der Betriebsvereinbarung zu Ungunsten der Beschäftigten abweichen. Die zwingende Geltung der Betriebsvereinbarung ist entfallen.

Wie kann der Betriebsrat die Betriebsvereinbarung durchsetzen?

Weigert sich der Arbeitgeber, die Regelungen einer Betriebsvereinbarung anzuwenden oder nimmt er Handlungen vor, die der Betriebsvereinbarung widersprechen, kann der Betriebsrat ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht einleiten.
Sollte es sich um einen groben Verstoß des Arbeitgebers handeln, hat auch eine Gewerkschaft diese Möglichkeit.

Rechtliche Grundlagen

Betriebsverfassungsgesetz
§ 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.