Stephan Sartoris, Teamleiter Arbeitseinheit Bamberg | Foto: Peter Roggenthin
Stephan Sartoris, Teamleiter Arbeitseinheit Bamberg | Foto: Peter Roggenthin

Die Klägerinnen sind als Kinderpflegerinnen bei einem freien Träger angestellt. Als Mitglieder des Betriebsrats haben sie anstehende Aufgaben während der Arbeitszeit erledigt und ihren Arbeitgeber vorher davon in Kenntnis gesetzt. Wenig später erhielten sie Abmahnungen von ihm. Seine Begründung: Sie seien dienstlichen Anordnungen nicht nachgekommen und hätten sich unerlaubt vom Arbeitsplatz entfernt. Die Angst, bei nächster Gelegenheit die Kündigung in Händen zu halten, war groß. Aber die Frauen ließen sich nicht einschüchtern, sondern gingen gerichtlich gegen die Abmahnungen vor. Unterstützt wurden sie vom DGB Rechtsschutz-Büro Bamberg.

 

Abmahnungen rechtlich nicht haltbar

 

„Dieser Streit hatte sich schon lange angebahnt“, erklärt Teamleiter Stephan Sartoris. Immer wieder habe der Arbeitgeber von den Mitarbeiterinnen verlangt, die Betriebsratstätigkeit in ihre Freizeit zu verlegen, und sich geweigert, Springer für sie einzusetzen. „Aber Betriebsratstätigkeit gehört in die Arbeitszeit“, betont der Jurist. Mehrfach habe er für seine Mandantinnen die Zahlungen oder den Freizeitausgleich für Überstunden einklagen müssen – mit Erfolg. Die Ab­mahnungen sieht er als weiteres Zeichen dafür, dass der Arbeitgeber die Arbeit des Betriebsrats nicht ernst nimmt. Die Urteile des Arbeitsgerichts Bamberg fielen eindeutig aus: Beiden Klagen wurde unumwunden stattgegeben, denn keine der Abmahnungen war rechtlich haltbar. „Ein Betriebsratsmitglied muss zur Ausführung erforderlicher Betriebsratstätigkeit keinen Antrag stellen und keine Begründung angeben. Es bedarf zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit auch keiner Zustimmung des Arbeitgebers“, heißt es im Urteil. Die Richter betonten mit leichtem Unmut: „Dies muss aus Sicht der erkennenden Kammer einmal eindeutig dem Beklagten gesagt werden!“

 

Arbeitgeber auf dünnem Eis

 

Abmahnungen gegen Betriebsräte wegen ihrer Betriebsratstätigkeit sind juristisch meist nicht haltbar. Es sei denn, der Arbeitgeber kann eindeutig beweisen, dass der Mitarbeiter in der fraglichen Zeit gar keiner Betriebsratstätigkeit nachgegangen ist. Solche Klagen kommen deshalb laut Stephan Sartoris äußerst selten vor – auch weil Arbeitgeber sich mit Sanktionen gegen Betriebsräte auf dünnes Eis begeben. Leicht könnten die Richter zu dem Schluss kommen, diese wollten die Arbeit des Betriebsrats behindern und Klage erheben: Laut § 119 Betriebsverfassungsgesetz wird mit „Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe“ bestraft, wer „eine Wahl des Betriebsrats […] beeinflusst, die Tätigkeit des Betriebsrats […] behindert oder stört oder ein Mitglied […] des Betriebsrats […] benachteiligt oder begünstigt.“

Rechtliche Grundlagen

Rechtsanspruch auf Arbeitsbefreiung

Laut § 37 und § 38 Betriebsverfassungsgesetz hat das Betriebsratsmitglied einen Rechtsanspruch auf Arbeitsbefreiung, wenn es Betriebsratsaufgaben erfüllt und für deren ordnungsgemäße Durchführung eine Befreiung erforderlich ist. Das gilt auch für den Besuch von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die für die Arbeit des Betriebsrats notwendig sind. Der Arbeitgeber muss nur rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden. Grundsätzlich hat die Erfüllung der Amtspflicht eines Betriebsratsmitglieds Vorrang vor den arbeitsvertraglichen Pflichten. Ob eine Betriebsratstätigkeit und die dafür notwendige Arbeitsbefreiung erforderlich sind, entscheidet das Betriebsratsmitglied nach gewissenhafter Prüfung selbst.