Einseitige Einführung von 12-Stunden-Schichten unverantwortlich. Copyright by Adobe Stock/Robert Kneschke
Einseitige Einführung von 12-Stunden-Schichten unverantwortlich. Copyright by Adobe Stock/Robert Kneschke

 Im Frühjahr 2020 wurde wegen der Corona-Pandemie in einer Universitätsklinik in Baden-Württemberg vom Dienstellenleiter die Schichtzeit von regelmäßig 8 Stunden auf 12 Stunden verlängert. Da der Personalrat (PR) nicht beteiligt wurde, beantragte dieser die Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts. Der Dienststellenleiter vertrat die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht nicht bestanden habe. Zur Begründung verwies er unter anderem auf die Covid-19-Arbeitszeitverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, welche die Einführung von 12-Stunden-Schichten zulasse.
 

Keine Einführung von 12-Stunden-Schichten ohne Personalrat

Über die sonderbar anmutende Rechtsauffassung des Dienststellenleiters hatte das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen zu befinden. In seiner Entscheidung vom 23. November 2020 entschied es zu Gunsten des PR.
 
Die Richter*innen des VG ließen im Hinblick auf das Mitbestimmungsrecht des PR bei der Einführung von 12-Stunden-Schichten keinen Zweifel aufkommen. Bei der Umstellung der Schichtzeiten, so das Gericht, verändere sich sowohl Beginn und Ende als auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit. Da dies erhebliche Auswirkungen auf die Belastung der Mitarbeiter und deren persönliche Lebensgestaltung haben könne, sei ein  Mitbestimmungstatbestand zweifelsfrei gegeben.
 
Bei der Verlängerung der Schichtzeit handele es sich um die Einführung eines neuen Arbeitszeitmodells. Da der PR hierzu nicht beteiligt worden sei, sei auch insoweit von einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts auszugehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Umstellung der Schichtzeit einen kollektiven Bezug aufweise.
 

Covid-19-Arbeitszeitverordnung setzt keine Mitbestimmungsrechte außer Kraft

Gesetzliche oder tarifliche Regelungen stehen der Mitbestimmung des Personalrats nicht entgegen, so das VG. Dies gelte insbesondere für die Covid-19-Arbeitszeitverordnung, da diese keine sich selbst vollziehende Regelung darstelle. Dies ergebe sich daraus, dass  der Verordnungsgeber keine verbindliche und abschließende Regelung über die Dauer der zulässigen täglichen Höchstarbeitszeit getroffen habe. Die Arbeitszeitverordnung Covid-19 ermögliche lediglich öffentlich-rechtlich eine Ausnahme von den im Arbeitszeitgesetz festgeschriebenen Höchstarbeitszeiten.
 
Hier geht es zur Entscheidung des Verwaltungsgericht Sigmaringen vom 23.11.2020

Rechtliche Grundlagen

Auszug aus Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg


§ 74 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg

(2) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,

3.
Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung und Aufhebung von Arbeitszeitmodellen,