Kündigung wegen Stilllegung der Zeche Prosper Haniel unwirksam. Copyright by Adobe Stock/ brudertack69
Kündigung wegen Stilllegung der Zeche Prosper Haniel unwirksam. Copyright by Adobe Stock/ brudertack69

Letztes deutsches Steinkohlebergwerk stellt Förderung ein.

Seit 1997 war der Kläger als Arbeiter unter Tage im Steinkohlebergbau auf dem Bottroper Bergwerk Prosper-Haniel beschäftigt. Im September 2018 stellte das Bergwerk als letztes Steinkohlenbergwerk in Deutschland die Kohlenförderung ein. Es fanden nur noch Aufräumungsarbeiten statt. Ein anderer Betrieb des Unternehmens wurde weiterhin mit der Grundwassersicherung beauftragt.
Im Rahmen des Auslaufens der Steinkohlenförderung konnten ältere und länger beschäftigte Bergleute Anpassungsgeld (APG) erhalten, bis sie Rentenleistungen aus der Knappschaft beziehen können. Für den Kläger bestand diese Möglichkeit auf Grund seines Alters und der Dauer seiner Tätigkeit im Bergbau nicht.
Bereits 2015 wurde in einem mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich die Schließung des Bergwerks Prosper-Haniel angesprochen. Im Januar 2019 schlossen die Beklagte und der örtliche Betriebsrat der Zeche Prosper-Haniel einen Interessenausgleich mit Namensliste, die den Namen des Klägers enthält.
 

Kläger erfolglos in der I. Instanz

Insgesamt mindestens 178 APG-berechtigten Arbeitnehmern wurde nicht gekündigt. Sie wurden stattdessen überwiegend in den Betrieb verlegt, der nunmehr auch für die Wasserhaltung von Prosper-Haniel zuständig ist. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.2019. Gegen diese Kündigung erhob der Bergmann Klage beim Arbeitsgericht Essen. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage ab.
 

Teilerfolg des Klägers in der Berufungsinstanz

Die gegen diese Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts gerichtete Berufung des Klägers beim Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte teilweise Erfolg.
Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die dem Kläger ausgesprochene Kündigung unwirksam, seine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb jedoch nicht möglich sei. Denn die Weiterbeschäftigung sei nur den Bergleuten vorbehalten, die Anpassungsgeld beziehen.
 
Die Unwirksamkeit der dem Kläger ausgesprochen Kündigung ergebe sich daraus, so das LAG, dass die Arbeitgeberin im Rahmen der Massenentlassung die nach dem Kündigungsschutzgesetz vorgeschriebene Konsultation mit dem örtlichen Betriebsrat durchgeführt habe. Zuständig sei jedoch nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass der Maßnahme ein einheitliches unternehmerisches Gesamtkonzept zugrunde gelegen habe, das sich über mehrere Betriebe erstreckt und dies einer einheitlichen Regelung bedurft habe.

Da die Arbeitgeberin nicht nur den Betrieb des Bergwerks Prosper-Haniel geschlossen hatte, sondern auch Entscheidungen darüber traf, von wo aus und mit welchen Arbeitnehmern die zukünftigen so genannten „Ewigkeitsarbeiten“, also die Grundwassersicherung, von einem anderen Betrieb erledigt werden sollten, war die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gegeben.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht hat das LAG nicht zugelassen.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 15.10.2020

Rechtliche Grundlagen

§ 17 (2) Kündigungsschutzgesetz

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 17 Anzeigepflicht
(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über
1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.