Streitpunkt war ein Schreiben, das in das Postfach des Personalrats – ein für öffentliche Verwaltungen typisches offenes Regalfach – gelegt wurde. Denn dessen Zugang war ausschlaggebend für die Wirksamkeit der zweiwöchigen Äußerungsfrist des Personalrats zur Kündigung einer Lehrerin. Nach dem Personalvertretungsrecht erforderte die Kündigung die Zustimmung des Personalrats. Am 4. Januar 2006 gegen 14 Uhr legte ein Vertreter des Landes Berlin das Schreiben in das Postfach, das sich in der Poststelle des Dienstgebäudes befindet. Im Schreiben informierte das Land den Personalrat von der Absicht, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, und bat um Zustimmung. Die Interessenvertreter entleerten das Fach aber erst am Folgetag und widersprachen der Kündigung – nach ihrer Rechnung – fristgemäß am 19. Januar. Das Land kündigte trotzdem.
In den Machtbereich gelangt?
Vor Gericht berief sich das Land darauf, dass die Äußerungsfrist des Personalrats bereits am 18. Januar geendet habe – schließlich wurde ihm der Antrag am 4. Januar zugestellt. Der Antrag sei mit dem Einlegen in das Postfach in den Machtbereich des Personalrats gelangt. Dieser habe damit rechnen müssen, dass am Nachmittag erneut Post in das Fach gelegt werden würde.
Teamleiter Manfred Frauenhoffer vom Berliner Büro der DGB Rechtsschutz GmbH vertrat die Klägerin bis vor das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Seine Argumentation: Willenserklärungen gelten nach dem BGB als zugegangen, sobald sie in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt sind und für den Empfänger die Möglichkeit besteht, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Außerdem muss die Erklärung mit dem Einlegen dem Zugriff des Absenders entzogen sein – beispielsweise über einen gewöhnlichen abschließbaren Briefkasten. „Das Personalrat-Postfach entspricht nicht diesen Anforderungen, da das Fach offen ist und der Personalrat keinen alleinigen Zugriff darauf hat“, erklärt Frauenhoffer, „außerdem wurde das Fach nicht vom Personalrat, sondern vom Dienstherrn als Empfangsvorrichtung eingerichtet.“ Demnach besitzt weiterhin die Dienststelle Zugriff auf die Erklärungen – bis der Personalrat das Fach geleert hat. „Deshalb ist nicht der Zeitpunkt des Einlegens von Post maßgeblich, sondern der Zeitpunkt der Entnahme.“ Das Gericht schloss sich der Argumentation des Juristen an. Die Lehrerin ist weiter beim Land Berlin tätig.