Auch Befristungen aufgrund von Drittmitteln können unwirksam sein.
Auch Befristungen aufgrund von Drittmitteln können unwirksam sein.

Mit der Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht jetzt erstmals klargestellt, dass auch in der Wissenschaft eine Befristung von Arbeitsverhältnissen nicht unbegrenzt möglich ist. Selbst wenn ein sachlicher Grund vorliegt, kann die Befristung immer noch wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens unwirksam sein.

Über 20 Jahre befristet beschäftigt

Die Klägerin war durchgehend vom 1. September 1989 bis zum 31. Oktober 2011 an der Universität Leipzig beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte zunächst bis Februar 1996 auf Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen. Zweck dieser Arbeitsverhältnisse war auch, dass die Klägerin Ihre Doktorarbeit und ihre Habilitationsschrift anfertigen konnte.

Anschließend war die Klägerin in dem Zeitraum von März 1996 bis April 2007 als wissenschaftliche Assistentin im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Zeit tätig. Für die Zeit von April 2007 bis einschließlich Oktober 2011 wurden zwei befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Die Befristung wurde jeweils mit dem Sachgrund der Drittmittelfinanzierung begründet.

Als der letzte Vertrag nicht verlängert wurde, klagte die Arbeitnehmerin gegen die Befristung. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage dagegen stattgegeben.

Das Bundesarbeitsgericht gab der Revision nun statt und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zurück an das zuständige Landesarbeitsgericht.

Befristung unwirksam bei institutionellem Rechtsmissbrauch

Das Bundesarbeitsgericht sah die letzte Befristung als nicht rechtsmissbräuchlich an, da ein erheblicher Zeitraum der befristeten Beschäftigung der wissenschaftlichen Qualifizierung der Klägerin gedient hatte. Dennoch sei es denkbar, dass die Befristung unwirksam sei.

Die Befristung eines Arbeitsvertrags könne nämlich aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls auch dann unwirksam sein, wenn eigentlich ein Sachgrund für die Befristung vorliegt. Dies gelte auch im Hochschulbereich, wenn die Befristung mit dem Sachgrund der Drittmittelfinanzierung gerechtfertigt werde.

Eine Befristung könne nämlich dann unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit der Befristung regelmäßig und systematisch missbrauche: Für einen Missbrauch spreche besonders, wenn das Beschäftigungsverhältnis insgesamt sehr lange bestehe oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber bestehe.

Bundesarbeitsgericht verweist zurück

Gegen eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit spreche hingegen, wenn die Beschäftigung, die befristet wird, der wissenschaftlichen Qualifikation des Mitarbeiters diene.

Der Senat konnte den Rechtsstreit allerdings nicht abschließend entscheiden, da er aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen könne, ob die Befristung durch den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung oder durch einen anderen Sachgrund gerechtfertigt ist. 

Daher verwies er den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses hat nun unter Beachtung der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Kriterien zu entscheiden, ob die Befristung wirksam ist oder nicht.

Anmerkung:

Auch wenn die Klägerin den Rechtsstreit nicht gewonnen hat, so hat das Bundesarbeitsgericht doch eine Entscheidung von einiger Tragweite getroffen: Wie auch im Anwendungsbereich des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, gilt in der Wissenschaft bei der Befristung die Grenze des Rechtsmissbrauchs.

Dies ist wichtig, weil allein aufgrund der Gesetzesformulierung der Eindruck entstehen konnte, in der Wissenschaft seien Befristungen uferlos möglich, wenn die Beschäftigung in einem Drittmittelprojekt erfolgt. 

Das Bundesarbeitsgericht hat nun deutlich gemacht, dass dies nicht ausreicht. Wenn wissenschaftliches Personal über einen langen Zeitraum bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist und dort Aufgaben erfüllt, die nicht seiner eigenen Qualifizierung dient, dann liegt der Verdacht eines institutionellen Missbrauchs nahe. Eine Befristung ist dann unwirksam.

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 8. Juni 2016 - 7 AZR 259/14


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Im Praxistipp: § 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz, Befristungsdauer; Befristung wegen Drittmittelfinanzierung

Rechtliche Grundlagen

§ 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz, Befristungsdauer; Befristung wegen Drittmittelfinanzierung

§2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Befristungsdauer; Befristung wegen Drittmittelfinanzierung

[…]

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

[…]