Nach dieser Entscheidung darf die tarifliche Befristungshöchstdauer die gesetzliche nicht um das Dreifache übersteigen. Tarifverträge könnten damit eine sachgrundlose Befristung bis zu sechs Jahren ermöglichen.
Eins, zwei, drei..
Schon der Volksmund billigt der Drei eine herausgehobene Stellung zu: So sind aller guten Dinge bekanntlich drei. In der norddeutschen Variante ist „dreimal Bremer Recht“ und wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte.
Auch sprachwissenschaftlich sind Dreiklänge über Zeit und Raum hinweg verbreitet („Einigkeit und Recht und Freiheit“, „liberté, egalité, fraternité“, „veni, vidi, vici“), im Glauben („Dreifaltigkeit“, Heilige Drei Könige“) und im Brauchtum („Dreigestirn“) ohnehin.
Schließlich sind es auch in Literatur und Film oft die Dreiecksgeschichten, die eine Story erst interessant und rasant machen.
Sachgrundlose Befristung durch Tarifvertrag verlängerbar
Das Bundesarbeitsgericht bediente sich in einem Urteil wieder einmal der magischen Zahl Drei, um zu einem praktikablen Ergebnis zu gelangen. Diesmal ging es um die Frage, inwieweit Tarifverträge eine sachgrundlose Befristung ausdehnen können.
Nach dem Gesetz ist nämlich nur eine maximal zweijährige sachgrundlose Befristung möglich, innerhalb dieser Zeit kann das befristete Arbeitsverhältnis dreimal verlängert werden.
Der Gesetzgeber eröffnet allerdings den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, den Zeitraum der sachgrundlosen Befristung über die zwei Jahre hinaus auszudehnen. Auch die Verlängerungsmöglichkeiten können erweitert werden.
Bundesarbeitsgericht: Dreifaches der gesetzlichen Möglichkeiten ist Grenze
Diese Regelung hat das Bundesarbeitsgericht jetzt dahingehend ausgelegt, dass auch durch einen Tarifvertrag die Befristungshöchstdauer und die Möglichkeit der Vertragsverlängerung nicht beliebig ausgedehnt werden darf.
Auch die Tarifverträge dürfen die gesetzlichen Möglichkeiten nicht um mehr als das Dreifache überschreiten. Damit wäre eine sachgrundlose Befristung bis zu sechs Jahren und eine neunmalige Verlängerung möglich.
Damit war die Regelung des Manteltarifvertrages zwischen der Arbeitgebervereinigung Energiewirtschaftlicher Unternehmen e.V. (AVE) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung gefunden hatte, wirksam.
Der Manteltarifvertrag erklärt die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds bis zu einer Dauer von fünf Jahren für zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens fünfmalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags möglich.
Das Bundesarbeitsgericht und die Drei
Die Zahl Drei hat am Bundesarbeitsgericht eine gute Tradition: So hat es das Rechtsinstitut der Betrieblichen Übung auf der Überlegung gegründet, dass ein Arbeitnehmer einen verbindlichen Rechtsanspruch auf eine Leistung hat, wenn der Arbeitgeber diese zuvor dreimal uneingeschränkt gewährt hat. Auch im Befristungsrecht hat das BAG sich der Zahl drei bedient, etwa bei der Frage der Vorbeschäftigung („Drei Jahre Zwischenzeit“) und bei der Missbrauchskontrolle von Befristungen. Hier ist bei einer Überschreitung von Befristungsdauer und Verlängerungsanzahl jeweils um das Dreifache eine vertiefte Prüfung sämtlicher Umstände geboten. Möglich, dass sich das BAG am Gesetzgeber orientiert hat. Auch dieser verwendet die Drei, etwa bei der Verlängerungsmöglichkeit eines befristeten Vertrages.
Hier zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 26. Oktober 2016 - 7 AZR 140/15
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Die Drei verursacht Fragezeichen
Die Entscheidung überrascht insofern, als dass das Bundesarbeitsgericht letztlich ohne Not eine grundsätzliche Entscheidung getroffen hat. Es hätte es auch bei der Feststellung belassen können, dass jedenfalls eine Ausdehnung der Befristungsmöglichkeit auf fünf Jahre, wie im streitgegenständlichen Tarifvertrag, nicht unzulässig ist.
Stattdessen hat es mit Verdreifachung als Höchstgrenze eine grundlegende Entscheidung getroffen, an der sich künftig jede tarifvertragliche Regelung messen lassen muss. Damit schränkt das Bundesarbeitsgericht die Tarifautonomie erheblich ein, da sich die Tarifvertragsparteien künftig an diese Grenze halten müssen.
Fraglich ist, ob es eine solche Einschränkung zulässig ist, nachdem der Gesetzgeber selbst eine Begrenzung für Tarifverträge nicht vorgesehen hat. Möglicherweise ist also das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Die starre Auslegung hat allerdings auch Vorteile: Die Tarifvertragsparteien wissen künftig, woran sie sich halten müssen; das verhindert unangenehme Überraschungen.
Rechtliche Grundlagen
§ 14 TzbfG
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
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