Unfallversicherungsschutz bei betrieblich veranlassten Volksfestbesuch? Copyright by Adobe Stock/Timo Günthner
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Arbeitgeber lädt zum Volksfestbesuch ein

Der klagende Arbeitnehmer nahm an einer von seinem Arbeitgeber organisierten Fortbildung in der Nähe von Stuttgart teil. Am späten Nachmittag war der fachliche Teil beendet. Auf dem Programm stand ein gemeinsamer Volksfest-Besuch des Cannstatter Wasens. Die Kosten hierfür übernahm der Arbeitgeber.

Auf dem Rückweg zum Taxi stürzte der Arbeitnehmer. Er brach sich beide Füße. Sein Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls wurde von der Berufsgenossenschaft (BG) negativ beschieden. Die gegen die Entscheidung der BG gerichtete Klage des Arbeitnehmers wurde erstinstanzlich abgewiesen. Der Kläger legte Berufung gegen die Entscheidung des Sozialgerichts (BG) beim Thüringer Landessozialgericht (LSG) ein.

Grundsätzlich besteht Unfallversicherungsschutz, aber…

In seiner Entscheidung weist das Berufungsgericht darauf hin, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich bei allen Tätigkeiten unfallversichert sei, die er im Rahmen seiner Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ausführt. Ein solcher betriebsbezogener Zweck könne auch für sonstige Tätigkeiten angenommen werden und nicht nur für die Hauptleistungspflichten. Eine Fortbildung und die damit zusammenhängende Dienstreise fielen daher auch darunter. Ein „Rund-um-die-Uhr- Versicherungsschutz“ bestehe bei einer Dienstreise jedoch nicht. Das LSG unterscheidet sodann zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Tätigkeiten, die der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind.

Das LSG kam zu dem Ergebnis, dass der Besuch der Wasen nicht mehr zum versicherten Teil der Fortbildung gehört habe. Denn Zweck des Besuches der Cannstatter Wasens sei das gesellige Beisammensein gewesen. Er war somit nur ein Begleitprogramm. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitgeber die Kosten für den Besuch der Cannstatter Wasens übernommen und in der Einladung zur Fortbildung auf den Besuch hingewiesen habe. Auch reiche es nicht aus, dass der Arbeitgeber mit dem Besuch des Volksfestes die Intensivierung der Kontakte seiner Arbeitnehmer untereinander erreichen gewollt habe, um einen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz zu begründen. Im Vordergrund, so die Berufungsrichter*innen, habe die Freizeitgestaltung der Teilnehmer*innen der Fortbildungsveranstaltung gestanden. Besondere betriebliche Zwecke, aus denen sich ein Versicherungsschutz ergeben könnte, vermochte das Gericht nicht festzustellen. Außerdem sei der Wasen-Besuch keine grundsätzlich versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung wie zum Beispiel eine Weihnachtsfeier oder ein Betriebsfest gewesen.
Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und damit die Auffassung der BG und des SG bestätigt. Die Revision zum Bundessozialgericht wurde nicht zugelassen.

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesozialgerichts Thüringen vom 21.11.2019, Az. L 1 U 1590/18

Rechtliche Grundlagen

Auszug aus Sozialgesetzbuch VII

Auszug aus Sozialgesetzbuch VII
§ 2 (1) Nr. 1 - Versicherung kraft Gesetzes
(1) Kraft Gesetzes sind versichert
1.
Beschäftigte