Als Lagerist in einer Gießerei war der 52-jährige, einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Kläger überwiegend mit Gabelstaplerfahren im Bereich Logistik beschäftigt. Seit 2017 erkrankte er häufig arbeitsunfähig. 2020 kam es zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement. Der Kläger war anschließend auf verschiedenen Arbeitsplätzen nach Bedarf eingesetzt.

 

Die Beklagte lagerte die Logistikaufgaben aus

 

Der genaue Umfang der Auslagerung blieb streitig. Im Februar 2021 erkrankte der Kläger erneut. Im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erörterte er mit seinem Arbeitgeber unterschiedliche Möglichkeiten seines weiteren Einsatzes. Nach seiner Rückkehr im Mai 2021 sollte er einen Arbeitsversuch am Gießtisch in der Gießerei unternehmen.

 

Das lehnte der Kläger unter Hinweis auf seine Behinderung ab. Es trat erneute Arbeitsunfähigkeit auf. Daraufhin stellte der Arbeitgeber ihn unwiderruflich von der Arbeit frei. Im Rahmen einer sich anschließenden arbeitsmedizinischen Untersuchung stellte sich heraus, dass der angebotene Arbeitsplatz in der Gießerei nicht leidensgerecht war.

 

Im Juni wurde im Unternehmen ein Arbeitsplatz als Packer frei, auf den der Kläger sich bewarb. Eine Erprobung auf diesem Posten verlief erfreulich. Der Kläger sollte dort auf Dauer eingesetzt werden. Der Arbeitgeber sprach daraufhin nach Anhörung des Betriebsrates eine Versetzung aus. Den ihm vorgelegten Arbeitsvertrag unterschrieb der Kläger nicht, arbeitete aber gleichwohl zunächst als Packer weiter.

 

Lagerarbeiten fielen weiter an

 

Auch in seinem alten Tätigkeitsbereich im Lager/Logistik setzte die Beklagte den Kläger zwischendurch wieder ein. Die Auslagerung war offensichtlich nicht in dem geplanten Umfang erfolgt. Nach wie vor mussten angelieferte Zubehörteile von LKW’s entladen werden – eine Arbeit, die der Kläger früher verrichtet hatte.

 

Der Kläger forderte die Beklagte auf, ihn auf der unbesetzten Stelle im Bereich der Verladung einzusetzen. Die Beklagte lehnte ab und beließ es bei der Versetzung zum Packer in der Gießerei. Mit Hilfe von  Wolfgang Pankow aus dem DGB Rechtsschutzbüro Hagen erhob der Betroffene Klage beim Arbeitsgericht.

 

Das gerichtliche Verfahren erfuhr zunächst eine Unterbrechung, weil die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers noch einmal arbeitsmedizinisch abgeklärt werden sollten. Dabei ergab sich, dass unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen Bedenken gegen Tätigkeiten als Packer bestanden. Der Arbeitsmediziner schlug einen Einsatz im Zubehörlager vor und bot zur weiteren Abklärung eine Arbeitsplatzbegehung an.

 

Von diesem Angebot nahm die Beklagte Abstand

 

Das Klageverfahren wurde fortgesetzt. Die Beklagte lenkte nicht ein, so dass das Gericht über die Wirksamkeit der Versetzung zu entscheiden hatte.

 

Gemäß § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigen Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmung einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

 

Der Arbeitgeber muss die Grenzen billigen Ermessens beachten

 

Vorliegend seien die Grenzen billigen Ermessens überschritten, weil nicht ersichtlich sei, dass die Tätigkeiten als Packer im Profillager für den Kläger leidensgerecht wären, so das Gericht. Hierauf habe der Kläger im laufenden Verfahren auch hingewiesen. Zudem habe der von der Beklagten beauftragte Arbeitsmediziner ausgeführt, dass aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers gesundheitliche Bedenken gegen die Tätigkeit als Packer bestünden.

 

Die beweisbelastete Beklagte habe im Hinblick auf die Einhaltung des billigen Ermessens keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Versetzungsanordnung dennoch billigem Ermessen aufgrund einer gesundheitlichen Eignung des Klägers entsprechen würde.

 

Den Beschäftigungsanspruch lehnt das Gericht ab

 

Allerdings habe der Kläger keinen Anspruch darauf, als Mitarbeiter in dem Bereich Verladung/Zubehör zu ansonsten unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden. Eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers ohne vertragliche Vereinbarung sei grundsätzlich nicht zulässig. Der Anspruch müsse nur dann zurücktreten, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstünden.

 

Bei Unmöglichkeit der Arbeitsleistung bestehe kein Beschäftigungsanspruch, vielmehr sei der Anspruch auf die Arbeitsleistung ausgeschlossen. Insbesondere entfalle die Leistungspflicht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig sei.

 

Der Kläger war dauerhaft krankgeschrieben

 

Weil der Kläger arbeitsunfähig gewesen sei, bestehe kein Beschäftigungsanspruch. Der Kläger habe dadurch keine Leistung erbringen können. Das Gericht könne die Beklagte nicht zu einer unmöglichen Leistung verpflichten.

 

Damit war der Prozess im Wesentlichen gewonnen, aber letztlich hatte der Kläger eigentlich nicht viel erreicht. Dass das Verfahren in die Berufung gehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Wirklich spannend wird die Sache aber dann, wenn der Mann wieder arbeitsfähig wird, seine Arbeitskraft anbietet und der Arbeitgeber entscheiden muss, auf welchen (leidensgerechten) Arbeitsplatz er seinen Mitarbeiter einsetzen soll.

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 106 GewO

§ 106 GewO Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.