Keine tageweise Berechnung der Überlassungshöchstdauer im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung © Adobe Stock - Von Jörg Lantelme
Keine tageweise Berechnung der Überlassungshöchstdauer im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung © Adobe Stock - Von Jörg Lantelme

Werden Leiharbeitnehmer*innen über die zulässige Höchstdauer hinaus beschäftigt, gelten sie als unbefristet im Betrieb des Entleihers eingestellt. Ob sich diese Zeit nach Tagen, Wochen oder Monaten bemisst, ist unter Jurist*innen jedoch umstritten und kann, je nach Berechnung, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen. 

Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer führt zu Arbeitsvertrag mit Entleiher

Das Arbeitsgericht Emden hat zu dieser Frage in einer Entscheidung Stellung bezogen und entschied zugunsten eines Klägers, dass eine Berechnung nach aufeinanderfolgenden, vollen Monaten und nicht tageweise oder wochenweise anhand des tatsächlichen Einsatzes zu erfolgen hat. Damit war im Fall die Höchstüberlassungsdauer überschritten – und der Kläger befand sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei der Beklagten als ursprünglichen Entleiherbetrieb. 

Der Kläger schloss am 15. Mai 2017 einen Arbeitsvertrag mit einer Entleihfirma, wurde jedoch vom ersten Tag an als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses kam es zu insgesamt fünf Arbeitseinsätzen bei der Beklagten, jeweils für einige Monate. Dazwischen verrichtete der Kläger seine Tätigkeit im Stammbetrieb, jedoch stets weniger als drei Monate lang. Der einschlägige Tarifvertrag sah eine Höchstüberlassungsdauer von 36 Monaten vor. Nach dem Gesetz sind es nur 18 Monate. 

Die hatte der Beschäftigte nach seiner Ansicht durch die Vielzahl an Einsätzen überschritten und klagte deshalb mithilfe der Kolleg*innen vom DGB Rechtsschutz Emden vor dem Arbeitsgericht. Das  Gericht gab dem Kläger Recht und stellte fest, dass zwischen ihm und dem Entleiherbetrieb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.  

Keine Berechnung nach einzelnen Tagen oder Wochen

Damit erteilte das Arbeitsgericht der Ansicht der Beklagten eine Absage, wonach der Kläger allenfalls 411 Tage und damit aufgerundet lediglich 14 Monate an sie überlassen worden sei.

Nach welchen Vorschriften sich die Fristberechnung richtet, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Einige Jurist*innen sind Ansicht, es bedürfe einer tageweisen Berechnung je nach konkreten Arbeitseinsätzen. Ein Monat sei demnach mit 30 Tagen zu veranschlagen. Für die Praxis hieße das, dass die 18 Monate erst erreicht werden, wenn Leiharbeitnehmer*innen 540 Tage beim Entleiher eingesetzt wurden, unabhängig davon, auf welchen Zeitraum sich diese 540 Tage erstrecken. Das Gericht schloss sich in seiner Entscheidung der Gegenansicht an, wonach sich die Frist nach vollen, aufeinanderfolgenden Monaten richtet. 

Die konkrete Anzahl der Tage sei nicht relevant. Der Zeitraum beginnt danach mit dem ersten Einsatztag und endet mit dem Ablauf des 18. bzw. hier 36. Monats, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Für den Fall bedeutete dies: Die Frist begann mit dem ersten Einsatztag am 15. Mai 2017 und endete genau 36 Monate bzw. drei Jahre später am 14. Mai 2020. Da der Kläger darüber hinaus bei der Beklagten arbeitete, galt ein Arbeitsvertrag bereits ab dem 15. Mai 2020 als zustande gekommen.

Tageweise oder wochenweise Berechnung könnte zu extremen Ergebnissen führen

Mit seiner Entscheidung schiebt das Arbeitsgericht einer ausufernden Anwendung der Höchstüberlassungsdauer einen Riegel vor. Ließe man eine tageweise oder wochenweise Berechnung zu, könnten Beschäftigte jahrelang in den Entleiherbetrieben eingesetzt werden, sodass die Überlassungshöchstdauer faktisch vervielfältigt würde. 

Durch die Bestimmung der konkreten Einsätze hätten Arbeitgeber es in der Hand, die Überlassungsdauer in die Länge zu ziehen. Mit der Höchstdauer wollte der Gesetzgeber jedoch eine Höchstfrist bzw. „Höchstüberlassungsdauer“ setzen. Deshalb muss sich die Frist unabhängig von der Frage bemessen, ob Beschäftigte in Vollzeit oder Teilzeit und an welchen Tagen arbeiten. 

„Das vom Arbeitsgericht getroffene Ergebnis ist gut und rechtlich auch logisch. Eine tageweise Berechnung würde dazu führen, dass Beschäftigte im Zweifel viele Jahre eingesetzt werden könnten“, sagte Rechtsschutzsekretär Nicolaus Fontaine aus dem Büro Emden, der das Verfahren geführt hat.