Endlich geschafft! Aber kann ich im Ausbildungsbetrieb weiterarbeiten? Copyright by Adobe Stock/ehrenberg-bilder
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Regelungen zur Übernahme von Auszubildenden finden sich im Berufsbildungs- sowie im Betriebsverfassungsgesetz. Darüber hinaus können auch Tarifverträge Bestimmungen dazu enthalten.

Tarifvertragliche Regelungen

Als ein Beispiel unter vielen soll hier der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und zum Beschäftigungsaufbau der IG Metall für Baden-Württemberg dienen. Dort finden sich unter der Überschrift
 „Übernahme von Auszubildenden“  
die Bestimmungen:
 „Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass die Ausgebildeten in der Regel nach bestandener Abschlussprüfung unbefristeten Arbeitsverhältnis übernommen werden sollen.“
Die Betriebsparteien können dann in einer Betriebsvereinbarung festlegen,
 „. . . wie vielen Auszubildenden im Anschluss an die bestandene Abschlussprüfung die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird.“
Es lohnt sich für Auszubildende also allemal, sich beim Betriebsrat oder bei ihrer Gewerkschaft genau zu erkundigen, ob und gegebenenfalls welche tarifliche Übernahmeregelungen für sie gelten.

Gesetzliche Regelungen

Bei den gesetzlichen Regelungen ist zu unterscheiden, ob die Auszubildenden
Mitglieder der Jugend-und Auszubildendenvertretung oder des Betriebsrats sind oder nicht.
 

Übernahmeanspruch nach dem Betriebsverfassungsgesetz

Für Auszubildende, die Mitglieder der Jugend-und Auszubildendenvertretung oder des Betriebsrats sind, gewährt das Betriebsverfassungsgesetz einen Anspruch auf Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis. Ausschließlich die Mitglieder dieser Gremien sind gemeint, wenn im Folgenden lediglich von „Auszubildenden“ die Rede ist.

Der erste Schritt

Nähert sich das Ausbildungsverhältnis seinem Ende, ist zunächst einmal der Arbeitgeber gefordert. Wenn er nicht beabsichtigt, Auszubildende in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit in Vollzeit zu übernehmen, muss er ihnen dies spätestens drei Monate vor dem Schluss der Ausbildung schriftlich mitteilen.
 
Endet das Ausbildungsverhältnis aufgrund einer vorgezogenen Abschlussprüfung früher als im Ausbildungsvertrag vereinbart und ist dies bereits drei Monate vorher bekannt, ist für den Beginn der Frist der Tag der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse maßgebend.
Sinn der Drei-Monats-Frist ist, den Auszubildenden eine ausreichende Zeitspanne für die Planung seiner beruflichen Zukunft zu sichern. Sie können sich währenddessen überlegen, ob sie wollen, dass der Arbeitgeber sie nach dem Ende der Ausbildung übernimmt. Deshalb führt es nicht zu einer Übernahme der Auszubildenden, wenn der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommt.

Der zweite Schritt

Kommen die Auszubildenden zu dem Ergebnis, dass sie im Betrieb bleiben wollen, müssen Sie innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung verlangen. Wenn Sie dies tun, gilt im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis automatisch ein normales Vollzeit-Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.
Das gilt auch, wenn das Ausbildungsverhältnis weniger als ein Jahr nach dem Ende der Mitgliedschaft in der Jugend-und aus Bildungsvertretung oder im Betriebsrat endet.
Wer es sich dann doch noch anders überlegt, kann sein Verlangen bis zum Ende des Ausbildungsverhältnisses jederzeit widerrufen.
Verlangen Auszubildende die Weiterbeschäftigung nicht oder nicht ordnungsgemäß, scheiden sie mit Ende des Ausbildungsverhältnisses aus dem Betrieb aus.

Der dritte Schritt

Ist der Arbeitgeber mit der Übernahme nicht einverstanden, hat er die Möglichkeit, sich in einem Beschlussverfahren an das Arbeitsgericht wenden. Er kann beantragen,

 

  • das Arbeitsgericht möge feststellen, dass ein unbefristetes Vollzeit-Arbeitsverhältnis nicht entstanden ist,

oder,

  • das Arbeitsgericht möge ein bereits entstandenes unbefristetes Vollzeit-Arbeitsverhältnis wieder auflösen.

 
Bei beiden Anträgen wird der Arbeitgeber nur Erfolg haben, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten ist. Dabei kann er sich auf personen-, verhaltens- und betriebsbedingte Gründe berufen. So ist eine Weiterbeschäftigung beispielsweise grundsätzlich unzumutbar, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden ist.
 

Übernahmeanspruch nach dem Berufsbildungsgesetz

Die Regelungen des Berufsausbildungsgesetzes gelten für alle Auszubildende, also nicht nur für diejenigen, die Mitglied der Jugend-und Auszubildendenvertretung oder des Betriebsrates sind.
Nach diesem Gesetz gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis weiter im Betrieb arbeiten. Diese Vorschrift greift aber nur ein, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung der Auszubildenden hat.
 

Weiterbeschäftigung während des Gerichtsverfahrens

Hier kommt es entscheidend darauf an, auf welches der beiden Gesetze sich Auszubildende berufen.
Machen Sie einen Anspruch nach dem Betriebsverfassungsgesetz geltend, gilt das Arbeitsverhältnis als begründet, wenn Auszubildende dies ordnungsgemäß verlangen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber sie weiter beschäftigen muss, auch wenn er sich seinerseits an das Arbeitsgericht wendet. Solange das Verfahren dort dauert, dürfen die Auszubildenden weiterarbeiten.
Anders sieht es aus, wenn sie ihre Weiterbeschäftigung auf das Berufsbildungsgesetz stützen. In diesem Fall müssen Sie sich an das Arbeitsgericht wenden, wenn ihr Arbeitgeber sie nicht weiterarbeiten lässt. Während dieses Verfahrens haben sie  - analog zum Kündigungsschutzverfahren  - bis zur Entscheidung der ersten Instanz grundsätzlich keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Ein Antrag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes hat allenfalls Aussicht auf Erfolg, wenn die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers offensichtlich ist.
 

Befristetes Arbeitsverhältnis nach der Ausbildung

Bietet ein Arbeitgeber ehemaligen Auszubildenden einen befristeten Vertrag zur Weiterarbeit an, ohne dafür einen Sachgrund zu haben, können sie sich vor dem Arbeitsgericht gegen die Befristung wehren.
Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist eine Befristung ohne Sachgrund nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Ausbildungsverhältnis
kein Arbeitsverhältnis ist. Auszubildende können sich also nicht auf diese Vorschrift berufen.
Vergleiche dazu:
Befristeter Arbeitsvertrag nach Ausbildungsende


Vergütung während des Gerichtsverfahrens

Ist vor Gericht noch streitig, ob ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit ehemaligen Auszubildenden zustande gekommen ist, bezahlen Arbeitgeber in aller Regel bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung keine Vergütung. Bestätigen die Arbeitsgerichte das Arbeitsverhältnis, ist die Vergütung nachzuzahlen. So lange wollen aber ehemalige Auszubildende oft nicht warten. Und sie können es gar nicht, wenn Ausschlussfristen für sie gelten. Sie müssen ihre Ansprüche dann geltend machen und einklagen, bevor darüber entschieden ist, ob ihr Arbeitgeber sie tatsächlich beschäftigen muss.
Dabei kann das Gericht die Vergütungsklage natürlich erst beurteilen, wenn feststeht, ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis entstanden ist.
Ein Vergütungsanspruch kann davor  - unabhängig davon, wann die Auszubildenden ihn geltend machen  - nur bestehen, wenn sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug befindet. Dazu ist Voraussetzung, dass

  • die Auszubildenden ihre Arbeitsleistung angeboten haben

und

  • der Arbeitgeber dieses Angebot abgelehnt hat.


Angebot der Arbeitsleistung

Das Bürgerliche Gesetzbuch schreibt vor, dass die Arbeitsleistung dem Arbeitgeber  „. . . so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich . . .“  anzubieten ist. Das bedeutet das Arbeitnehmer*innen in den Betrieb gehen und deutlich machen müssen, dass sie arbeiten wollen.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitgeber erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Diese Erklärung kann beispielsweise darin liegen, dass er sich gegen das Arbeitsverhältnis vor Gericht zur Wehr setzt.
Liegt eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers vor, reicht es aus, wenn die ehemaligen Auszubildenden dem Arbeitgeber  - zu Beweiszwecken am besten schriftlich  - mitteilen, dass sie ihm ihre Arbeitsleistung anbieten.

Rechtliche Grundlagen

Betriebsverfassungsgesetz
§ 78a Schutz Auszubildender in besonderen Fällen
(1) Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats ist, nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, so hat er dies drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses dem Auszubildenden schriftlich mitzuteilen.
(2) Verlangt ein in Absatz 1 genannter Auszubildender innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung, so gilt zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Auf dieses Arbeitsverhältnis ist insbesondere § 37 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn das Berufsausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats endet.
(4) Der Arbeitgeber kann spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht beantragen,
1.
festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach Absatz 2 oder 3 nicht begründet wird, oder
2.
das bereits nach Absatz 2 oder 3 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen,wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht sind der Betriebsrat, die Bordvertretung, der Seebetriebsrat, bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung auch diese Beteiligte.
(5) Die Absätze 2 bis 4 finden unabhängig davon Anwendung, ob der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist.


Berufsbildungsgesetz (BBiG)
§ 24 Weiterarbeit
Werden Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, so gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.