Telefonsexdienstleisterinnen Freiberufler- oder Arbeitnehmerinnen? Copyright by Adobe Stock / mariesacha
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In ihren Geschäftsräumen setzt die Beklagte Telefonistinnen ein, die sexuelle Dienstleistungen anbieten. Diese Dienste werden an 365 Tagen im Jahr im Schichtbetrieb und 24 Stunden täglich angeboten. Sie werden von der Beklagten als freiberufliche Mitarbeiterinnen geführt.

Von einer anderen Gesellschaft wird den Telefonistinnen für ihre Tätigkeit ein ca. sechs bis acht Quadratmeter großer Raum mit Tisch, Stuhl, Computer und drei Telefonen zur Verfügung gestellt. Hierfür müssen sie ein monatliches Entgelt i.H.v. 50 € zahlen.

Die Telefonistinnen können aus einem von der Beklagten vorgehaltenen Pool einen Alias-Namen und Fotos auswählen, die auf der Internet-Seite der Beklagten veröffentlicht werden. Gewünschte Einsätze können sie in Dienstpläne eintragen. Die Tätigkeit der Telefonsexdienstleisterinnen wird durch eine an der Decke befestigte Videokamera aufgezeichnet. Telefonate werden mitgeschnitten. Das dienstliche Verhalten und die Beziehung zu den Kunden werden von der Beklagten in vielfältiger Hinsicht mitgestaltet. Wegen diverser Zahlungsansprüche klagten zwei Telefonistinnen beim Arbeitsgericht.

Arbeitsgericht erklärt sich für unzuständig

Das Arbeitsgericht verneinte die Arbeitnehmerinneneigenschaft der Klägerinnen. Die Rechtsstreite wurden an das Landgericht verwiesen.

Gegen die Verweisungsbeschlüsse legten die Klägerinnen Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Das LAG half den Beschwerden ab und bejahte den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen. Die Entscheidungen sind unanfechtbar.

Landesarbeitsgericht bejaht Arbeitnehmereigenschaft

In seinen Entscheidungen stellt das Beschwerdegericht fest, dass die Klägerinnen als Arbeitnehmerinnen anzusehen sind.


Dies folge daraus, dass die Beklagte durch die Audio- und Videoüberwachung sowie durch die Einbindung der Telefonistinnen in ihre Arbeitsorganisation, eine für selbständige Freiberuflerinnen wichtige Marktpräsenz der Klägerinnen verhindert habe. Die Klägerinnen hätten keinen von der Beklagten unabhängigen Kundenstamm aufbauen können, da sie nach außen nicht unter eigenem Namen, sondern bildlich und namentlich unter einem Alias-Profil aufgetreten seien. Die Vorgaben der Beklagten sowie die weiteren Beschäftigungsmodalitäten zeige die Fremdbestimmung der Klägerinnen und überlagere die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnten.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht Köln vom 31.8.2020: