Klaus Abel 56 Jahre, seit 17.09.2014 Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin (derzeit 35.000 Mitglieder). Ausbildung als Elektromaschinenbauer, 18 Jahre tätig beim Marienfelder Werkzeugmaschinenbauer Fritz Werner. Dort Vertrauensmann und Betriebsrat. Nach 20 Jahren im Beruf studierte er Jura mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht. Seit 2002 hauptamtliche Arbeit für die IG Metall Berlin. Zunächst Leitung der Rechtsabteilung, dann von 2005 - 2014 2. Bevollmächtigter der IG Metall Berlin.
Klaus Abel fordert für die Regulierung des Werkvertragsunwesens weitere gesetzliche Regelungen
DGB Rechtsschutz GmbH: Was ist eigentlich schlecht an dem Werkvertrag? Er gibt dem Werkvertragsnehmer auch Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten? Sind Werkvertragsnehmer zufrieden mit Ihren Vertrags- und Einsatzbedingungen?
Klaus Abel: Ein Werkvertrag ist nicht grundsätzlich schlecht. Wir wenden uns gegen den Missbrauch von Werkverträgen. Missbrauch heißt für uns, dass Arbeiten, die bisher von Beschäftigten des Auftraggebers ausgeführt wurden, nun an Auftragnehmer vergeben werden, die entweder selbst als Scheinselbstständige tätig sind oder ihrerseits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigten, die in den Arbeitsprozess des Auftraggebers eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen. Dann wird über „Strohmänner“, die zwischengeschaltet werden, versucht, diese Weisungsgebundenheit zu verschleiern. In all diesen Fällen werden die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in den Firmen der Auftraggeber unterlaufen und die Beschäftigten, die über die Werkverträge eingesetzt werden, arbeiten in der Regel zu deutlich schlechteren Bedingungen als die Stammbeschäftigten.
DGB Rechtsschutz GmbH: Hat der Werkvertrag die Leiharbeit abgelöst als Instrument des Lohndumping im Betrieb, Arbeitnehmer zweier Klassen zu etablieren?
Klaus Abel: Der Werkvertrag hat die Leiharbeit ergänzt oder in neuer Weise in den Betrieb gebracht. So setzen jetzt Werkvertragsunternehmen Ihrerseits in großem Umfang Leihbeschäftigte ein, um den Werkvertrag zu erfüllen.
DGB Rechtsschutz GmbH: Die IG Metall hat mit Hilfe der DGB Rechtsschutz GmbH die Christliche Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalleasing - Agenturen mit großem Erfolg vor Gericht und aus den Betrieben verdrängt, richtig?
Klaus Abel: Ja, ich stimme Dir zu. Die Zusammenarbeit mit Euch war hierbei sehr erfolgreich.
DGB Rechtsschutz GmbH: Wie sieht solch ein Werkvertrag konkret aus? Was macht der Kollege anderes als der Stammarbeitnehmer an seiner Seite?
Klaus Abel: In der Regel macht die Kollegin, der Kollege nichts anderes als der Stammbeschäftigte. „Nur“ er arbeitet zu schlechteren Bedingungen in häufig prekärer Situation.
DGB Rechtsschutz GmbH: Gibt es Branchen oder Bereiche, in denen vermehrt Werkvertragsarbeitnehmer eingesetzt werden? Gibt es hier bevorzugte Bereiche? Kannst du denn konkrete Beispiele und eindeutige Tendenzen nennen und beschreiben? Was macht die IG Metall dagegen und wie reagiert sie darauf? Was kann der Betriebsrat tun? Fürchtet die Stammbelegschaft nicht Rückwirkungen auch auf ihre Arbeitsvertragsbedingungen hierdurch? Ist es denkbar dass diese Praxis immer mehr zunimmt und ganze Abteilungen, ja ganze Betriebe, davon betroffen sein könnten?
Klaus Abel: Wir stellen den großen und steigenden Umfang von Werkverträgen vor allem in drei großen Bereichen fest. Der Kontraktlogistik, dem Facility-Manangement und der Konstruktions- und Entwicklungsdienstleistung. Ein konkretes und aktuelles Beispiel hier in Berlin ist zum Beispiel, dass BMW die Logistik in seinem Spandauer Werk fremdvergeben will. Wir unterstützen unsere Betriebsräte darin, diese Fremdvergaben zu verhindern und wo dieses nicht möglich ist, organisieren wir die Belegschaften, unterstützen wir sie bei der Gründung von Betriebsräten und schließen Tarifverträge mit den Werkvertragsunternehmen ab, um die Arbeitsbedingungen zu regulieren. Im September werden wir einen bundesweiten Aktionstag bei den Automobilherstellern durchführen, um die Umsetzung des Projektes aus dem Koalitionsvertrag, Leiharbeit und Werkverträge weiter zu regulieren, einzufordern und zu unterstützen. Die Metallerinnen und Metaller werden dieses Thema zudem auf die Tagesordnung des 7. Oktobers setzen, dem weltweiten Tag gegen prekäre Beschäftigung. Die Stammbelegschaften sehen die Werkverträge als Bedrohung ihrer Arbeitsbedingungen an und werden sich daher an den Aktionstagen beteiligen.
DGB Rechtsschutz GmbH: Sind dir Fälle bekannt, dass mit Werkvertrag Beschäftigte sich gegen Ihre Vertragsbedingungen wehren wollten? Warum gibt es vergleichsweise so wenig Gerichtsverfahren? Ist der Gesetzgeber gefragt?
Klaus Abel: Ja, derartige Fälle sind mir bekannt. Gerade aktuell hat sich ein Leiharbeitnehmer, der über ein Werkvertragsunternehmen bei Mercedes in Marienfelde beschäftigt ist, bei dem dortigen Betriebsrat erkundigt, welche rechtlichen Möglichkeiten er hat, um die Vertragsbedingungen zu verbessern. Als davon das Werkvertragsunternehmen erfahren hat, meldete das Unternehmen den Arbeitnehmer bei der Verleihfirma ab, diese hat ihn entlassen. Diese Mechanismen sind die Gründe, warum die Gerichtsverfahren so selten sind. Der Gesetzgeber ist gefordert, die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, den Missbrauch von Werkverträgen zu unterbinden, jetzt anzugehen. Und wenn das gelingt, werden wir die Zusammenarbeit mit Euch, wie der Leiharbeit, nutzen, um dem Recht dann auch Geltung zu verschaffen.
DGB Rechtsschutz GmbH: Ändert der ab dem 1.1.2015 geltende Mindestlohn etwas hieran?
Klaus Abel: Er schafft Mindestbedingungen und kann extreme Auswüchse des Missbrauches des Werkvertragsunwesens eindämmen. Für die Regulierung des Werkvertragsunwesens sind weitere gesetzliche Regelungen erforderlich.