Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein ungelochtes Arbeitszeugnis? Das Landesarbeitsgericht gab eine typisch juristische Antwort. Copyright by Adobe Stock/ FM2
Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein ungelochtes Arbeitszeugnis? Das Landesarbeitsgericht gab eine typisch juristische Antwort. Copyright by Adobe Stock/ FM2

Arbeitszeugnisse müssen gewissen formellen Anforderungen entsprechen. Wie diese konkret aussehen, hängt vom jeweiligen Unternehmen ab. Es kommt - wie bei Juristen so oft - „drauf an“.

Arbeitszeugnis auf gelochtem Briefpapier

Denn man dürfe an die Zeugnisästhetik keine übertriebenen Anforderungen stellen. Unwesentliche Unvollkommenheiten des Zeugnisses habe der Arbeitnehmer hinzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es auf die Gepflogenheiten in der betreffenden Branche an.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg gab deshalb einem Bauunternehmer Recht, der einer Beschäftigten ein Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier ausgestellt hatte. Vor Gericht berief er sich darauf, es sei kein ungelochtes Geschäftspapier vorhanden gewesen.

Das Landesarbeitsgericht bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Das Arbeitsgericht hatte es mit Blick auf die Baubranche und die Größe des Unternehmens für ausreichend erachtet, wenn der Arbeitgeber gelochtes Geschäftspapier für das Arbeitszeugnis verwendet. Jedenfalls dann, wenn im Betrieb ausschließlich dieses vorhanden ist.

Formelle Anforderungen an das Arbeitszeugnis

Das Landesarbeitsgericht stellte noch einmal klar, welche formellen Anforderungen an ein Arbeitszeugnis zu stellen sind: Es ist haltbares Papier von guter Qualität zu benutzen. Das Zeugnis muss sauber und ordentlich geschrieben sein und darf keine Flecken, Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder Ähnliches enthalten.

Es darf auch nicht den Eindruck erwecken, der Aussteller distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung, zum Beispiel, wenn er branchenübliche Merkmale oder Zusätze weglässt. Daher ist ein Zeugnis nur dann ordnungsgemäß, wenn es auf Firmenpapier geschrieben wurde.

Eine solche Distanzierung könne auch durch bestimmte Geheimzeichen entstehen. Die Befürchtung der Klägerin, bei den Lochungen könne es sich um derartige Zeichen handeln, teilte das Landesarbeitsgericht aber nicht.

Links

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnber


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Das sagen wir dazu:

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat sich um die Rechtssicherheit im Bereich der Arbeitszeugnisse verdient gemacht. Seine Entscheidung steht in einer Reihe mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 21. September 1999 (Arbeitszeugnisses zweimal gefaltet) und des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. November 2017 (mehrseitiges Zeugnis getackert).

Keine übertriebene Ästhetik

Das Landesarbeitsgericht setzt nun – an der Schwelle zum digitalen Zeitalter – einen vorläufigen Schlussstein. Welche Rechtsfragen ein rein digitales Zeugnis aufwirft, vermag heute noch niemand zu sagen.Doch egal ob digital oder analog: Entscheidender Maßstab bleibt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach es bei den Formalien auf die Gepflogenheiten der jeweiligen Branche ankommt. Anders lässt sich die Frage wohl auch nicht lösen: Man stelle sich vor, das oberste deutsche Arbeitsgericht würde festlegen, dass Arbeitszeugnisse immer auf handgeschöpftem Büttenpapier auszustellen sind. Es würde wohl nicht lange dauern, bis jemand auch hinter dieser Ausfertigung einen geheimen Code wittert. Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung können Beschäftige in der Baubranche schon froh sein, wenn das Arbeitszeugnis keinen Kaffeefleck hat.

Rechtliche Grundlagen

§ 109 GewO

Zeugnis

(1) 1Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. 2Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. 3Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) 1Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. 2Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.